Benedikt XVI. in Ankara:Papst hofft auf EU-Beitritt der Türkei

Der Papst hat sich zu Beginn seines mit Spannung erwarteten Besuchs in Anatolien für einen "Dialog" mit dem Islam und "gegenseitiges Verständnis" ausgesprochen. Zu einer EU-Mitgliedschaft der Türkei steht der Pontifex inzwischen anders als vormals Kardinal Ratzinger.

Der Papst sehe den Islam als "Religion des Friedens" sagte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, der den katholischen Kirchenführer bei der Ankunft in Ankara am Flughafen empfing. Nach den Protesten, die Benedikts Äußerungen über Islam und Gewalt in der islamischen Welt ausgelöst hatten, begann der Papst seinen Türkei-Besuch streng abgeschirmt unter stärksten Sicherheitsvorkehrungen.

Erdogan sagte nach dem Gespräch mit Benedikt, der Papst teile seine Auffassung, dass der Islam eine "Religion des Friedens, der Toleranz und der Liebe" sei. Benedikt habe ihm auch zu verstehen gegeben, dass er einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union "wohlwollend" gegenüber stehe. Als Kardinal hatte sich Joseph Ratzinger gegen einen türkischen EU-Beitritt gewandt und damit für politische Verärgerung in Ankara gesorgt.

Die Alitalia-Maschine aus Rom war nach der Landung von schwer bewaffneten Sicherheitskräften geschützt worden. Auch für die anschließende Fahrt des Pontifex in die Stadt in einer gepanzerten Limousine galt die höchste Sicherheitsstufe. Mehr als 3000 Polizisten sicherten die Straßen, auf Dächern und markanten Punkten waren Scharfschützen positioniert.

Vor dem offiziellen Empfang durch den türkischen Präsidenten Ahmet Necdet Sezer legte Benedikt XVI. wiederum abgeschirmt von der Öffentlichkeit einen Kranz im Atatürk-Mausoleum nieder.

In das Gästebuch schrieb er unter Bezugnahme auf einen berühmte Atatürk-Ausspruch: "Frieden zu Hause, Frieden in der Welt". Er schließe sich dankbar den Worten des Gründers der türkischen Republik an, "in einem Land, das Treffpunkt der Religionen und Kulturen, Brücke zwischen Asien und Europa ist".

Als Ziel seiner Reise nannte Benedikt bereits im Flugzeug nach Ankara, "den Dialog und den gemeinsamen Einsatz für den Frieden" zu fördern. "Dies ist kein politischer, sondern ein seelsorgerischer Besuch." Erdogan bezeichnete die Papst-Visite als "äußerst wichtig".

Angesichts der Spannungen in der Welt sei "heute gegenseitiges Verständnis zwischen verschiedenen Religionen und Kulturen nötiger denn je". Er hoffe, dass der Besuch des Papstes "fruchtbar für den Weltfrieden" verlaufen werde.

Als Höhepunkt des ersten Besuchstages stand eine Begegnung mit Ali Bardakoglu, dem obersten Chef der staatlichen Religionsbehörde, auf dem Programm. Dieser hatte Benedikt wegen seiner Äußerungen über Islam und Gewalt scharf kritisiert und eine Entschuldigung verlangt. In seiner Regensburger Rede im September hatte der Papst einen byzantinischen Kaiser mit den Worten zitiert, der Prophet Muhammed habe nur "Schlechtes und Inhumanes" gebracht. Benedikt hatte seine Worte bedauert, sie aber nicht zurückgenommen.

Der Papst betonte in dem Gespräch heute die Gemeinsamkeiten zwischen Christen und Islam. Beide Religionen teilten den Glauben "an den einen Gott" sowie an die besondere Würde jedes einzelnen Menschen. Zugleich forderte der Papst eine "institutionell garantierte" Religionsfreiheit für christliche Minderheiten in der Türkei.

Noch vor dem Eintreffen Benedikts bei Bardakoglu demonstrierte eine Gruppe von Gewerkschaftsmitgliedern vor der Behörde. "Papst, Du bist in unserem Land nicht willkommen", hieß es auf Transparenten. "Dieser Papst kommt nicht mit guten Absichten, dieser Gast verdient keine Achtung." Bereits am Sonntag hatten in Istanbul rund 30.000 Menschen friedlich gegen den Papst-Besuch demonstriert.

An diesem Dienstag reist Benedikt zur Marienkirche in der antiken Stadt Ephesus und trifft anschließend in Istanbul den orthodoxen Patriarchen Bartholomäus I.

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