Benedikt XVI.:"Er sah ein bisschen zusammengeflickt aus"

Eigentlich soll aus dem Konklave nichts an die Öffentlichkeit dringen. Doch nach der Wahl des neuen Papstes nehmen es die Kardinäle nicht mehr so genau. So berichtet etwa der Kölner Kardinal Meisner, dass die bereitgestellten Schuhe Joseph Ratzinger zu groß waren. Aber jeder Papst muss schließlich erst in die "Schuhe des Fischers" hineinwachsen.

"Also, das war wirklich eine Bombenstimmung", sagt der Kölner Kardinal Joachim Meisner wenige Stunden nach dem Abendessen, zu dem Papst Benedikt XVI. alle Kardinäle nach dem Konklave eingeladen hatte.

Benedikt XVI.

Der neu gewählte Papst Benedikt XVI. zeigt sich den Gläubigen auf dem Petersplatz.

(Foto: Foto: dpa)

Bei Bohnensuppe, Salat und Schnitzel saßen die 114 Würdenträger am Dienstag in ihrem Gästehaus Santa Marta im Vatikan mit dem neuen Papst zusammen und stießen mit einem Glas Sekt auf die Wahl an.

Wenige Stunden vorher in der Sixtinischen Kapelle hatten die Kardinäle ihr neues Oberhaupt noch etwas verhaltener gefeiert. Zwei Mal gab es spontanen Applaus für Ratzinger am heiligen Wahlort - auch wenn Benedikt XVI. das Papst-Gewand nicht auf Anhieb passte.

"Er sah ein bisschen zusammengeflickt aus", erinnert sich Kardinal Meisner an den Zeitpunkt, als Ratzinger aus der Sakristei der Sixtinischen Kapelle kam, wo er nach altem Ritus eingekleidet worden war.

Obwohl dort traditionelle Gewänder in drei Größen bereit lagen, passte offenbar keines so richtig. Und auch die Schuhe seien zu groß gewesen, beschreibt Meisner, als er in der Nacht nach dem Ende des Konklaves mit den deutschen Kardinälen Friedrich Wetter, Karl Lehmann und Georg Sterzinsky im Vatikan zum ersten Mal über die Wahl berichtet.

Aber bis zum Abendesssen habe wohl Papst-Schneider Annibale Gamarelli noch Maß genommen: "Als er in den Speisesaal kam, war er perfetto", sagt Meisner.

"Da ist so eine Last von uns abgefallen"

Im Speisesaal waren die Kardinäle und ihr Papst bester Laune, erzählen die deutschen Geistlichen. "Da ist so eine Last von uns abgefallen", sagt der Mainzer Kardinal Lehmann.

Die Schwestern, die die Kardinäle schon seit Sonntag bekochten, servierten mehrere Gänge und hatten zum Schluss noch ein Extra bereit gehalten: "Sie brachten noch eine Süßspeise mit Eis und dann gab es ein Glas Sekt", gibt der Münchner Kardinal Wetter Auskunft.

Die Konklave-Gesellschaft stieß auf das an, was wenige Stunden zuvor in der Sixtinischen Kapelle geschah.

Am Dienstagnachmittag wurden zum vierten Mal in zwei Tagen 115 Stimmzettel vorgelesen, auf denen die Kardinäle ihren Papst-Favoriten in verstellter Schrift geschrieben hatten.

Als zum 77. Mal der Name von Kardinal Joseph Ratzinger fiel, war die Zweidrittel-Mehrheit erreicht, ein neuer Papst gewählt. "Wer rechnen kann, wusste ja, wann es so weit ist", erzählt Kardinal Wetter. Und offensichtlich konnten alle rechnen.

"Wir haben uns spontan alle erhoben und applaudiert", sagt Meisner. Einige hätten ihre Tränen nicht mehr zurückhalten können, erinnern sich die Kardinäle.

Der neue Papst selbst stand auf, um den Beifall entgegenzunehmen. Dann wurden die restlichen Stimmen ausgezählt, die Kardinäle erhoben sich nochmals und applaudierten.

"Dem Heiligen Geist gehorsam nehme ich die Wahl an"

Ratzinger, der laut Kardinal Meisner einen gefassten Eindruck machte, wurde in die Mitte der Sixtinischen Kapelle geführt. Dort übernahm Ratzingers Stellvertreter als Kardinaldekan, Vizedekan Angelo Sodano, die eigentlich für den Deutschen reservierte Frage, ob er die Wahl annehme.

"Dem Heiligen Geist gehorsam nehme ich die Wahl an", sagte Ratzinger daraufhin - von nun an der neue Papst. Dann wählte er seinen Namen und ging mit dem päpstlichen Zeremonienmeister in die Sakristei, um sich anzukleiden.

Als Benedikt XVI. wieder herauskam, saßen nicht nur päpstlicher Talar und Stola etwas schief, erinnert sich Kardinal Meisner. Der Kölner war auch noch von etwas anderem irritiert. "Ich dachte mir, er hat das Pileolus vergessen", sagt Meisner, das kleine weiße Papst-Käppchen auf dem Kopf des neuen Papstes. "Aber dann habe ich gesehen, dass das Käppchen ja genauso weiß ist wie sein Haar."

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