Belgien:Womöglich Anschlag vereitelt

Belgien: "Alle unsere Kräfte mobilisieren": Polizei in Antwerpen.

"Alle unsere Kräfte mobilisieren": Polizei in Antwerpen.

(Foto: Virginie Lefour/AFP)

Einen Tag nach den Angriffen in London hat die Polizei in Antwerpen einen Raser gestoppt, der offenbar vorhatte, Menschen zu verletzen.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Einen Tag nach den Angriffen in London ist Belgien am Donnerstag möglicherweise einem weiteren terroristischen Anschlag entgangen. In Antwerpen gelang es der Polizei am Vormittag, einen Mann zu stellen, nachdem dieser mit hoher Geschwindigkeit in einem Auto durch eine der Haupteinkaufsstraßen in der Innenstadt gefahren war. Der Verdächtige, ein 39 Jahre alter Franzose tunesischer Herkunft, sei festgenommen worden, sagte Polizeikommandant Serge Muyters. Medienberichten zufolge ist sein Name Mohammed R. Laut der Staatsanwaltschaft in Brüssel wurden in seinem Wagen Stichwaffen gefunden, eine Schrotflinte sowie ein Kanister, der Benzin enthalten soll. Gemäß einem Augenzeugen fuhr der Mann mit "80 bis 100 Stundenkilometern" durch die belebte Straße. Er habe es seiner Ansicht nach nicht direkt darauf angelegt, Menschen zu verletzen, weil er mitten auf der Straße gefahren sei. Trotzdem brachte er Fußgänger in Gefahr, die aber rechtzeitig zur Seite springen konnten, wie Muyters sagte. Die Flanierstraße namens Meir ist breit und einspurig für den Lieferverkehr befahrbar. An vielen Stellen stehen Bänke, Bäume, Betonpfeiler und ähnliche Hindernisse. Von elf Uhr morgens an ist sie für Fahrzeuge gesperrt.

Passanten gelang es nach Angaben der Polizei, zur Seite zu springen

Laut Muyters hatten Soldaten den roten Citroën C 5 mit französischem Kennzeichen gegen 10.45 Uhr in der Einkaufsstraße aufzuhalten versucht. Der Täter sei ihnen aber entkommen. Über den Schoenmarkt und mehrere kleine Straßen steuerte er in Richtung Fluss. Einem zur Hilfe gerufenen Spezialkommando gelang es nach einer kurzen Verfolgungsjagd, den Mann auf einem Parkplatz am Ufer der Schelde zu stoppen. Er sei Franzose und lebe in Frankreich, hieß es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft weiter. In seinem Heimatland sei er wegen illegalen Waffenbesitzes bekannt.

Der Verdächtige konnte zunächst nicht vernommen werden, wie die Zeitung Le Soir unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft schrieb. Nach Informationen des Senders RTBF stand er unter Alkoholeinfluss und soll Drogen bei sich gehabt haben. Laut Le Soir halten Ermittler es für möglich, dass er betrunken die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor, laut RTBF könnte er auch versucht haben, einer Polizeikontrolle zu entgehen. Für das Stadtzentrum gälten jetzt schärfere Sicherheitsmaßnahmen, sagte Muyters. An Orten, wo größere Menschenmengen zusammenkommen, werden mehr Polizisten eingesetzt. Die belgische Bundesstaatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. Das Land bleibe wachsam, sagte Belgiens Ministerpräsident Charles Michel. "Unsere Sicherheitsdienste haben exzellente Arbeit geleistet." In Belgien gilt derzeit die zweithöchste Terror-Alarmstufe. Das bedeutet, dass die Behörden die terroristische Bedrohung als "ernst, möglich und wahrscheinlich" einschätzen.

Der französische Präsident François Hollande bestätigte, dass es sich bei dem Täter offenbar um einen französischen Staatsbürger handele. Er habe töten oder für einen "dramatischen Vorfall" sorgen wollen. "Deshalb müssen wir weiter sehr wachsam sein und alle unsere Kräfte mobilisieren", sagte Hollande.

Am Vortag hatte in London ein Mann mit einem Wagen einen tödlichen Anschlag im Parlamentsviertel verübt. Dabei wurden drei Menschen getötet und 40 verletzt, auch der Täter wurde erschossen. Ebenfalls am Vortag hatte Belgien der Attentate vom 22. März 2016 gedacht, bei denen Selbstmordattentäter am Flughafen Brüssel und in einer U-Bahn-Station 32 Menschen töteten.

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