Besoldung von Beamten:Rabenvater Staat

Polizisten, Lehrer, Feuerwehrleute: Wenn der Staat Geld sparen musste, hielt er sich zuletzt am liebsten an die Beamten. Das wird künftig nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr so einfach sein.

Kommentar von Detlef Esslinger

Wenige Verfahren sind für den Arbeitgeber Staat so aufwendig wie die Festlegung, wie viel Gehalt seine Angestellten bekommen sollen. Und wenige Verfahren waren so einfach wie die Festlegung, was er seinen Beamten zahlt. Wenn es um die Angestellten geht, so muss er sich in wochenlangen Tarifrunden mit Gewerkschaften plagen, er muss Warnstreiks aushalten und irgendwann in einer Nachtsitzung mit den Funktionären ein Ergebnis zustande bringen.

Bei den Beamten hingegen darf der Dienstherr Staat einseitig bestimmen, wie viel er ihnen gibt (und manchmal sogar: nimmt). Er schreibt einfach ein neues Besoldungsgesetz, gern unter Rückgriff auf irgendeinen Koalitionsvertrag; so zum Beispiel in Hessen. In dem schwarz-grünen Papier dort steht eine Nullrunde für 2015 sowie danach bis 2019 ein Plus von maximal jeweils einem Prozent. Gut möglich, dass mit dieser Nonchalance nun Schluss ist.

Beschluss kommt weniger überraschend

Denn das Bundesverfassungsgericht hat am Freitag einen Beschluss veröffentlicht, der viele Taschenrechner zum Glühen bringen dürfte. Überraschend kommt er keineswegs. Bereits im Mai hatte das Gericht in einem Urteil zur Besoldung von Richtern festgelegt, dass der Staat es sich dabei nicht zu einfach machen darf. Er habe die Pflicht, Richter lebenslang zu alimentieren - wozu gehöre, dass die Bezüge unter anderem Schritt halten müssten mit den Löhnen der Angestellten im öffentlichen Dienst, mit den Löhnen im Land insgesamt oder auch mit der Inflationsrate.

Und was das Verfassungsgericht damals den Richtern zuerkannte, musste es nun den Beamten ebenfalls zuerkennen. Also gelten für sie fortan dieselben Maßstäbe. Im konkreten Fall bescheinigte das Gericht dem Freistaat Sachsen, Beamte verfassungswidrig zu besolden. Die Bezüge hätten eben nicht Schritt gehalten mit der Entwicklung im öffentlichen Dienst sowie im Land insgesamt. Und die Karlsruher Richter haben die Chance genutzt, nicht nur Sachsen, sondern jedem Dienstherrn auf die Prozentzahl genau vorzugeben, welche Abweichung von der sonstigen Entwicklung sie noch für akzeptabel halten, und welche nicht.

Staat und Beamte haben einen Deal

Der Beschluss war überfällig. Es ist völlig in Ordnung, dass Beamte nicht streiken dürfen. Denn zwischen dem Staat und seinen Beamten gibt es seit jeher einen Deal: Der Staat bietet lebenslange Alimentation, die Beamten bieten Treue. In den vergangenen Jahren war es jedoch so, dass der Staat allzu oft diese Treuepflicht ausgenutzt hat, um sich ein wenig aus der Alimentation zu stehlen. Wenn irgendwo Geld gespart werden musste, das bei den Angestellten nicht zu sparen war, hielt sich Rabenvater Staat an seine Beamten: an Lehrer, Polizisten, Feuerwehrleute und Asylentscheider also. Mal sparte er sich das Einkommensplus, mal kürzte er die Beihilfe, mal verlängerte er die Arbeitszeit. Polizisten und Feuerwehrleute haben zwar genauso Fixkosten und Bedürfnisse wie jeder andere Bürger auch. Aber mit denen kann man's ja machen.

In Zukunft wird das zumindest nicht mehr ganz so einfach sein. Eine Nullrunde, wie in Hessen? Eine Senkung, wie in Baden-Württemberg (die dann aber drei Monate vor der Landtagswahl eilig zurückgenommen wird)? Künftig wird zumindest genau nachzurechnen sein, ob der Dienstherr nicht dabei ist, das Karlsruher Minimum zu unterschreiten. Allerdings sollte sich kein Beamter nun zu viel versprechen. Der Beamtenbund erklärt, er erwarte, dass sich der Gesetzgeber "bei künftigen Anpassungen nicht vorrangig an dieser Untergrenze orientiert". Mit anderen Worten: Zu erwarten ist genau das.

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