Baustopp von Stuttgart 21:Kretschmann ist naiv - oder verzweifelt

Grünen-Ministerpräsident Kretschmann traf sich mit CSU-Verkehrsminister Ramsauer, um zu verhandeln, wer die Kosten für den Baustopp tragen sollte. Heraus kam: nichts. Und es war auch nicht anders zu erwarten gewesen.

Daniela Kuhr

Verzweifelte Menschen machen verzweifelte Dinge. Das war in dieser Woche wieder gut zu beobachten, als der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) eine "politische Lösung" im Streit um den Tiefbahnhof Stuttgart 21 anregte. Er wollte verhindern, dass die Bahn am Montag wieder die Bauarbeiten aufnimmt. Deshalb sollten Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer schnell zusammenkommen und gemeinsam entscheiden, wer bei einer Verlängerung des Baustopps die dadurch entstehenden Kosten tragen soll. Das Treffen hat nun am Freitag stattgefunden. Heraus kam: nichts. Und es war auch nicht anders zu erwarten gewesen.

Die Grünen können nicht ernsthaft geglaubt haben, dass der Bundesverkehrsminister es gutheißt, wenn die staatseigene Bahn mal eben mehrere hundert Millionen Euro verschleudert. So viel würde eine Verlängerung des Baustopps kosten. Und was sollte einen CSU-Minister überhaupt bewegen, den Grünen aus jener Patsche zu helfen, in die sie sich im Wahlkampf hineinmanövriert haben? Sie haben stets den Eindruck erweckt, man müsse sie nur wählen, und der Tiefbahnhof werde beerdigt. Dass es Verträge zwischen Stadt, Land, Bahn, Flughafen und Region gibt, die durch den Wechsel der Landesregierung nichts von ihrer Gültigkeit einbüßen, haben sie ausgeblendet.

Natürlich kann man Verträge ändern - aber nur einvernehmlich zwischen allen Vertragspartnern. Jede einseitige Änderung ist nichts anderes als Vertragsbruch. Zu glauben aber, man könne die Kosten dieses Vertragsbruchs einem anderen aufbürden, ist naiv - oder eben Ausdruck von Verzweiflung.

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