Barbara Stamm im Interview:"Der Hof muss rechtzeitig bestellt werden"

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Die stellvertretende Parteivorsitzende Barbara Stamm fordert beim Aufarbeiten der Stoiber-Krise Teamarbeit.

Katja Auer

Barbara Stamm, 62, hat sich in den letzten Tagen an allen wesentlichen Sitzungen beteiligt, in denen es um die Zukunft von Edmund Stoiber als Regierungschef und als Parteivorsitzender ging. Die ehemalige bayerische Sozialministerin sitzt im Parteipräsidium und im Fraktionsvorstand. Im Interview lässt sie durchklingen, dass sie sich von Stoiber in den letzten Jahren als stellvertretende Parteivorsitzende übergangen fühlte.

Barbara Stamm (Foto: Foto: dpa)

SZ: Wie erklären Sie einem CSU-Mitglied bei sich daheim den Beschluss vom Dienstag?

Stamm: Das ist nicht allzu schwierig. Zum einen hat die Fraktion dem Ministerpräsidenten das Vertrauen ausgesprochen. Zum anderen ist natürlich die Partei wieder ein Stück mehr in den Mittelpunkt gerückt, denn innerhalb der Partei muss letztlich entschieden werden, wie es jetzt weitergeht.

SZ: Kann die Frage der Spitzenkandidatur bis zu einem Parteitag im September aufgeschoben werden?

Stamm: Da möchte ich mich auch an den Beschluss anlehnen, den wir in dieser Nacht gefasst haben: Die Fraktion hat gebeten, sie kann ja nur bitten, dass der Ministerpräsident und in diesem Fall vor allem der Parteivorsitzende zusammen mit den Spitzen der Partei und der Fraktion die Dinge rechtzeitig klärt.

SZ: Was heißt rechtzeitig?

Stamm: Rechtzeitig heißt so schnell wie möglich.

SZ: Offenbar schwindet das Vertrauen in Stoiber. Zuerst gab es den Präsidiumsbeschluss, wonach man mit ihm Politik über 2008 hinaus machen wolle, dann die Erklärung der Fraktionsspitze, Edmund Stoiber solle zum Spitzenkandidaten erklärt werden und herausgekommen ist nun lediglich eine momentane Solidaritätserklärung.

Stamm: Das war natürlich alles ein bisschen verworren. Aber jetzt müssen wir uns ganz klar aufstellen. Ich war selbst beim Präsidiumsbeschluss dabei und habe ihn ganz bewusst mitgetragen. Allerdings erfolgte meine Zustimmung unter der Voraussetzung, dass der Ministerpräsident selbstverständlich seine Verantwortung für die Partei und Bayern wahrnimmt und - um es in der bäuerlichen Sprache zu sagen - rechtzeitig seinen Hof, den man übergeben will, gut bestellt. Da haben sich dann nochmal die Ereignisse überstürzt mit der Äußerung, er bleibe bis 2013. Aber jetzt gibt es eine klare Trennung: Er ist gewählt für diese Legislaturperiode. Der Ministerpräsident der nächsten Periode kann erst von den Mitgliedern eines neuen Landtags gewählt werden. Für die Fraktion ist das schon wichtig. Jetzt stellt sich erst einmal die Frage der Wahl 2008 und dann muss zunächst der Wähler entscheiden.

SZ: Wie lange bleibt Stoiber noch Ministerpräsident?

Stamm: Für mich ist ganz klar, wir können nicht heute diesen Beschluss fassen und morgen weiterspekulieren. Jeder weiß, dass ich nicht zu denen gehöre, die dem Ministerpräsidenten nach dem Mund reden, aber Dolchstoßlegenden gibt es mit mir nicht.

SZ: Droht jetzt eine Zerreißprobe in der Partei?

Stamm: Ich glaube, jetzt nicht mehr. Alle wollen an einem Strang ziehen, damit die innerparteilichen Schwierigkeiten nicht noch größer werden. Und das war in der Fraktion meine klare Botschaft: Wir können es nur mit dir, Edmund Stoiber, nur mit dir. Jeder, der der Auffassung ist, dass etwas gegen ihn passieren kann, täuscht sich. Das würde bedeuten, dass wir nicht nur einen Politiker mit großer Lebensleistung nicht ordentlich behandeln, sondern dass wir parteiintern in ein tiefes Loch fallen.

SZ: Die angekündigten Gespräche werden Sie als stellvertretende Parteivorsitzende mit vorbereiten.

Stamm: Ich gehe davon aus, dass wir das wirklich in Teamarbeit machen. Meine Bereitschaft an einer konsensfähigen Lösung mitzuarbeiten, hängt natürlich auch davon ab, wie eng ich als stellvertretende Parteivorsitzende eingebunden werde. Leider war das in der Vergangenheit nicht immer so gewesen.

SZ: Wegen der Sturköpfigkeit des Ministerpräsidenten?

Stamm: Nein, das würde ich nicht sagen. Jeder in seiner engsten Umgebung hätte wissen müssen, dass der Ministerpräsident genügend Freiheit benötigt, um Meinungsbildungsprozesse in den Gremien zu ermöglichen.

SZ: Die Fraktion spricht Stoiber zwar das Vertrauen aus, allerdings mehr für die Vergangenheit als für die Zukunft.

Stamm: Das sehe ich nicht so. Er arbeitet mit dem Kabinett gerade intensiv an dem Programm ,,Bayern 2020 - Kinder, Bildung, Arbeitsplätze''. Da hat er Visionen und die muss er auch gemeinsam mit den Führungsgremien voranbringen können. Wir können ihm ja nicht das Vertrauen aussprechen und ihn dann in seiner Regierungsarbeit behindern.

© Süddeutsche Zeitung vom 18.01.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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