Barack Obama trifft Netanjahu:Donnerndes Schweigen

Nach dem Treffen von US-Präsident Obama mit dem israelischen Regierungschef Netanjahu kam aus dem Weißen Haus: nichts. Doch auch das sagt viel über die Beziehung der beiden aus.

B. Vorsamer

Bei seinem USA-Besuch durfte der israelische Regierungschef mehr als 90 Minuten mit dem Präsidenten Barack Obama im Oval Office reden - eigentlich eine Ehre. Doch wie sauer die US-Regierung auf Benjamin Netanjahu ist, zeigte sich danach. Kein öffentlicher Händedruck im Rosengarten, keine Pressekonferenz im East Room, ja, nicht einmal ein schales Statement oder Bilder des Treffens gab das Weiße Haus heraus.

Deswegen waren die Medien bei der Beurteilung des Meetings auf Spekulationen angewiesen und widersprachen sich dabei. Das Gespräch sei "positiv" verlaufen, behaupten Nachrichtenagenturen unter Berufung auf israelische Regierungskreise. US-Medien wie die New York Times und Politico lesen eher Differenzen und gespannte Beziehungen im politischen Kaffeesatz.

Der Verzicht auf die üblichen Ehren, die einem Staatsgast im Weißen Haus zuteilwerden, ist eine deutliche Rüge für Netanjahu, der die US-Regierung in den vergangenen Wochen sehr verärgert hat. Höhepunkt war, dass Israel verkündete, 1600 neue Wohnungen im arabisch besetzten Ostteil Jerusalems zu bauen - während gleichzeitig US-Vizepräsident Joe Biden in Israel weilte.

Dieses Timing empfand die US-Regierung als "Beleidigung" und "Affront". Der israelische Botschafter in Washington sah sogar "die schwerste Krise seit den siebziger Jahren" heranziehen. International gilt der Bau jüdischer Wohnviertel in Ostjerusalem als illegal.

Schwierige Standpunkt-Suche

Die Wogen zu glätten, ist Netanjahu bei seinem Besuch nicht gelungen - versucht hat er es allerdings auch nicht wirklich. Denn der Satz "Jerusalem ist keine Siedlung, Jerusalem ist unsere Hauptstadt", den Netanjahu bei seiner Rede vor dem American Israel Public Affairs Committee (Aipac) aussprach, kam bei Obama erwartungsgemäß nicht gut an.

Die US-Regierung hatte von Beginn an Probleme, im Nahostkonflikt den richtigen Standpunkt zu finden. Obama trat sein Amt kurz nach Israels Gaza-Offensive an, die die Friedensbemühungen der Bush-Regierung faktisch beendete.

Trotzdem verpflichtete sich der neue Präsident ohne Zwang, die Lösung des Israel-Palästina-Konfliktes zur Top-Priorität zu machen: Schon in den ersten Stunden telefonierte er mit den Machthabern der Region, wenige Tage später ernannte er mit George Mitchell einen Sondergesandten.

Angesichts des jahrzehntelangen Konfliktes war diese Ankündigung eher naiv, wie Obama bald selbst feststellen musste. In den vergangenen Monaten erlebte er, wie machtlos das Weiße Haus im Nahostkonflikt ist.

Obwohl der Präsident mit scharfen Worten den Bau neuer jüdischer Siedlungen verurteilte, laufen die Baumaschinen weiter. Dass der Sondergesandte Mitchell ständig im Krisengebiet präsent ist, scheint Netanjahu nicht zu beeindrucken. Und mit seinen aktuellen Auftritten vor dem Aipac und dem amerikanischen Kongress signalisierte der israelische Premier dem US-Präsidenten ebenfalls, dass seine Handlungsmacht im Nahostkonflikt beschränkt ist. Denn die amerikanischen Abgeordneten stehen weiterhin wie ein Fels hinter Israel.

Auch ohne den Nahostkonflikt hat Obama viel zu tun

Obama kann und darf gegenüber dem befreundeten Staat nicht zu viel Härte zeigen - sonst bekommt er sofort innenpolitische Probleme. Als der Präsident vergangenes Jahr zum ersten Mal die rhetorische Keule gegenüber Israel auspackte, hatte er sofort eine von zwei Dritteln der Kongressmitglieder unterzeichnete Beschwerde auf dem Tisch.

Netanjahu ist ein schwieriger Partner für Obama, denn er ist ein Hardliner der ganz alten Schule. Nach seiner Wahl sah die Süddeutsche Zeitung einen "Zeitsprung in die neunziger Jahre". Der israelische Premier verweigert sich dem Fortschritt im Nahost-Friedensprozess, will eine Zwei-Staaten-Lösung auf jeden Fall verhindern und lehnt die Idee ab, im Friedensprozess mit Iran zu kooperieren.

Doch es liegt nicht nur daran, dass Obama im Nahost-Konflikt bislang so wenig Erfolg vorweisen kann. Ein Teil der Schuld trifft den Präsidenten selbst. Denn der Nahostkonflikt hat es nur symbolisch ganz oben auf Obamas Agenda geschafft - faktisch war der US-Präsident in seinem ersten Amtsjahr mit der Finanzkrise, der Gesundheitsreform und anderen innenpolitischen Baustellen mehr als ausgelastet.

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