Baden-Württemberg:Mutmaßliche Kriegsverbrecher festgenommen

Nach langem Zögern nehmen deutsche Behörden die Führer einer ruandischen Hutu-Miliz fest, die schrecklicher Verbrechen verdächtigt werden. Einer von ihnen arbeitete früher für das Justizministerium.

Helmut Kerscher

Mit der Verhaftung zweier mutmaßlicher ruandischer Kriegsverbrecher wendet Deutschland erstmals das Völkerstrafgesetzbuch an. Das gibt es zwar schon seit 2002, und es stellt Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen unter Strafe. Aber bisher lehnte die allein zuständige Bundesanwaltschaft Ermittlungen ab.

Weder der frühere US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld noch der ehemalige usbekische Innenminister Zakirjon Almatow mussten sich einem Verfahren stellen. Auf Strafanzeigen der Menschensrechtsorganisationen Human Rights Watch, Center for Constitutional Rights und Amnesty International kam die Behörde zum Ergebnis: keine Ermittlungen.

Plötzlich aber ist alles anders. Am Dienstag nahmen Beamte des Bundeskriminalamts in Karlsruhe den 46-jährigen Ignace Murwanashyaka fest, den Präsidenten einer Hutu-Miliz, und im Großraum Stuttgart seinen 48-jährigen Vize Straton Musoni. Letzterer hat, wie nun bekannt wurde, sogar einige Jahre im Justizministerium von Baden-Württemberg für eine EDV-Firma gearbeitet.

Beiden werden ungeheuerliche Verbrechen im kongolesischen Grenzgebiet zu Ruanda vorgeworfen - von Januar 2008 bis Juli 2009 die Tötung von Hunderten Zivilisten, Vergewaltigungen, Plünderung von Dörfern und Vertreibung ihrer Bewohner. Die Bundesanwaltschaft bejahte den dringenden Tatverdacht so überzeugend, dass der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Untersuchungshaft anordnete.

Die Bundesanwaltschaft wird also wohl ihre erste Anklage nach dem Völkerstrafgesetzbuch erheben. Dies könnte beim Oberlandesgericht Stuttgart geschehen, da die Beschuldigten zuletzt in Baden-Württemberg gelebt haben.

Nach Einschätzung des Strafrechtlers Kai Ambos hat es die Justiz mit einem "ganz wichtigen" Fall zu tun. Bisher habe sich die nationale Justiz, anders als etwa in Belgien und den Niederlanden, zu stark zurückgehalten. Das wurde zunehmend von Menschenrechtlern und von Politikern kritisiert. Nun kann das Völkerstrafgesetzbuch endlich auch in Deutschland das Versprechen einlösen, Kriegsgräuel weltweit zu bestrafen.

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