Baden-Württemberg:Letzte Option

Die CDU in Baden-Württemberg spricht zwar mit den Grünen. Doch die Rolle als Juniorpartner fällt den Konservativen nicht leicht.

Von Josef Kelnberger, Stuttgart

Thomas Strobl, der Landesvorsitzende, sprach viel von dem guten Willen, mit dem die CDU in die Sondierungen mit den Grünen gehen werde. Als er aber nach den roten Linien seiner Partei gefragt wurde, schien der Wahlkampf wieder anzubrechen. Ein Ende der "Ideologie" in der Bildungspolitik forderte er. Neue Straßen. Mehr Stellen und eine bessere Ausbildung für die Polizei - keine Kennzeichnungspflicht, wie sie die Grünen wollen. Keine neuen Gemeinschaftsschulen. Guido Wolf, der Fraktionsvorsitzende, sagte danach mit einem feinen Lächeln, Strobl habe "das ganze Wahlprogramm" angeführt. Und er setzte drauf: Es müsse klare Regeln mit den Grünen über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat geben. Das war ein kleines Misstrauensvotum gegen Winfried Kretschmann, den Ministerpräsidenten.

Die Rolle des Juniorpartners fällt den Konservativen alles andere als leicht

Strobl und Wolf Seite an Seite, das sollte als Botschaft der Geschlossenheit wirken, nachdem Präsidium und Landesvorstand der CDU am Dienstagabend beschlossen hatten, dem grün-schwarzen Projekt in Baden-Württemberg eine Chance zu geben. An diesem Donnerstag und nächsten Dienstag soll es Sondierungsgespräche geben, am Mittwoch will die CDU entscheiden, ob sie Koalitionsverhandlungen eröffnen will. Grün-Schwarz ist nach den Parteiengesprächen der vergangenen Woche die letzte Koalitions-Variante. "Wir würden zum Gespött der Nation, ja Europas, wenn wir es nicht hinkriegen, für das Muster-Ländle eine Regierung zu bilden", sagte Strobl. Er sieht das Projekt deutlich positiver als Wolf. Aber zu weit will auch er sich nicht aus dem Fenster lehnen - zu brisant ist die Stimmung in der Partei.

Auch bei der Sitzung am Dienstagabend wurde kontrovers diskutiert. Wolfgang Freiherr von Stetten, der Landesvorsitzende der Senioren-Union, trug die Bedenken am deutlichsten vor. Die Junior-Rolle neben den Grünen nagt am Selbstverständnis einer Partei, die 58 Jahre lang das Land regiert hat. Aber die Aussicht auf Neuwahlen wirkte dann doch disziplinierend - denn diese würden, so glaubt man in der CDU, vor allem der AfD, aber auch Winfried Kretschmann zugutekommen. Mit nur einer Gegenstimme wurde deshalb der Beschluss gefasst, die Chancen für ein Bündnis mit den Grünen auszuloten.

Zeitgleich mit den grün-schwarzen Gesprächen will die CDU die Wahlniederlage vom 13. März aufarbeiten. Wie das geschehen soll, konnte Strobl aber nicht so recht erklären. Immer wieder werden Rücktrittsforderungen an Guido Wolf laut, den gescheiterten Spitzenkandidaten. Er ließ sich zwei Tage nach der Wahl wieder zum Fraktionsvorsitzenden wählen. In manchen Bezirksverbänden werden offenbar außerordentliche Mitglieder- und Funktionsträger-Versammlungen erwogen. Die Stimmung an der Basis sei "unterirdisch", heißt es in der Partei. Mit 27 Prozent war die CDU auf ein historisches Tief gefallen.

Sondierungsgespräche nach Landtagswahl Baden-Württemberg

Thomas Strobl (links) und Winfried Kretschmann.

(Foto: Philip Schwarz/dpa)
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