Baden-Württemberg:Gewaltausbruch im Schlosspark

Pressekonferenz zu Vorfällen in Schorndorf

Matthias Klopfer ( SPD), Oberbürgermeister von Schorndorf.

(Foto: Christoph Schmidt/dpa)

Nach Krawallen bei einem Fest in Schorndorf geht es nun um die Herkunft der Täter.

Von Josef Kelnberger, Stuttgart

Matthias Klopfer, der Oberbürgermeister von Schorndorf, las die Pressemitteilung der Polizei am Sonntag um halb fünf, und sofort sagte er zu seinen Mitarbeitern: "Wir landen in der Tagesschau!" Von sexuellen Übergriffen beim Schorndorfer Volksfest wurde berichtet, von Asylbewerbern als mutmaßlichen Tätern - und von schwerer Randale aus einer tausendköpfigen Menge heraus. Dass die Polizei schrieb, "bei einem großen Teil" habe es sich um Menschen mit Migrationshintergrund gehandelt, hält Klopfer (SPD) am Tag danach zumindest für unglücklich. Dadurch sei in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, "randalierende Horden von Migranten" hätten Schorndorf heimgesucht. Was so zumindest nicht stimme.

Klopfer weiß, was sich nun in den sozialen Netzwerken abspielt: Die 40 000-Einwohner-Stadt, 30 Kilometer östlich von Stuttgart gelegen, steht im Zentrum der Debatte, ob und wie sehr sich Deutschland vor Flüchtlingen fürchten muss.

Randalierende Asylbewerber? Oder flippten betrunkene Schüler aus?

Was sich wirklich ereignet hat am Wochenende in Schorndorf, versuchten Klopfer und der Aalener Polizeipräsident Roland Eisele am Montag in einer Pressekonferenz so weit wie möglich aufzuhellen.

Unzweifelhaft sind zwei sexuelle Übergriffe. Als Tatverdächtige ermittelte die Polizei in einem Fall einen 20-jähriger Iraker, im zweiten Fall drei afghanische Asylbewerber im Alter von 18 bis 20 Jahren; das Trio soll eine 17-Jährige begrapscht haben. Haftbefehle wurden laut Eisele bislang nicht erlassen. Der Polizeipräsident rief mögliche weitere Opfer von Sexualstraftaten auf, sich bei den Ermittlern zu melden. Der Oberbürgermeister sprach den betroffenen Frauen sein Mitgefühl aus. "Das ist kein Kavaliersdelikt", sagte er.

Überrollt wurde die Polizei in der Nacht zum Sonntag von der Gewalt im Schlosspark. Polizeipräsident Eisele räumte ein, dass die Lage teilweise außer Kontrolle war und die Beamten sich kurz zurückziehen mussten. Aus der Menge heraus wurden sie mit Flaschen beworfen. Nicht alle 1000 randalierten, und über die Identität der Täter wurde bislang nichts bekannt. In der Menge hätten sich "viele Menschen mit Migrationshintergrund, aber nicht nur" befunden, sagte Eisele am Montag. Der Anteil an Migranten sei nicht überdurchschnittlich gewesen. Andererseits hatten die eingesetzten Polizisten, wie zu hören ist, den Eindruck, auch von Migranten angegriffen worden zu sein. Deshalb der Vermerk im Polizeibericht.

Abiturienten und Realschüler würden jedes Jahr auf der "Schorndorfer Woche" feiern, sagt der Oberbürgermeister. Es sei immer viel Alkohol im Spiel, aus dieser Gruppe heraus sei die Lage offenbar eskaliert - zumal der Schlosspark nicht rechtzeitig dichtgemacht worden sei. Den Aussagen von Zeugen, wonach kleine Gruppen mit Messern und Schreckschusspistolen durch die Stadt gezogen seien, gehe die Polizei noch nach, hieß es am Montag.

Schwerer Alkoholkonsum hat nach dem Eindruck der Polizei bei allen Delikten eine Rolle gespielt. Welche Rolle die Herkunft spielte, wird noch lange ein Thema sein. In Schorndorf sind mehrere Hundert Flüchtlinge untergebracht. Oberbürgermeister Klopfer sagt, es herrsche ein gutes Miteinander in der Stadt. Straftäter müsse aber die ganze Härte des Gesetzes treffen.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) verwahrte sich am Montag gegen jegliche Kritik an der Polizei. "Ein Oberbürgermeister ist nicht ein besserer Polizei-Einsatzleiter", ließ er in einer Presseerklärung mitteilen. Die Polizei hat ihre Präsenz bei dem Volksfest, das an diesem Dienstag zu Ende geht, deutlich verstärkt. Und Oberbürgermeister Klopfer, vormaliger Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, eilt von Interview zu Interview, um seine Sicht der Dinge darzustellen und die Gemüter in der Stadt zu beruhigen. Eine ältere Dame rief ihn am Montag an: Ob sie denn noch unbehelligt zum Seniorennachmittag auf dem Volksfest gehen könne?

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