Baden-Württemberg:Brutus Mappus

Auf Günther Oettinger, einen Ministerpräsidenten ohne Fortune, folgt Stefan Mappus. Er soll der CDU im Ländle die Macht sichern - doch vorher muss er die Partei befrieden.

Bernd Dörries, Stuttgart

Er hätte einfach ein paar Sätze sagen können, ein paar Bausteine aus diesen Reden, die man vor der Senioren-Union hält oder der Handwerkskammer: Das Beste für unser Land, ein Hoch dem Ehrenamt, oh du lieber Mittelstand.

Stefan Mappus

Manche in der Fraktion haben fast Angst vor ihm: Stefan Mappus, künftig wohl Ministerpräsident von Baden-Württemberg.

(Foto: Foto: dpa)

Stefan Mappus, 43, sagte aber am Montag nach der CDU-Präsidiumssitzung im Stuttgarter Landtag, er könne noch gar nicht vortragen, was er denn vorhabe mit diesem Amt, alles sei ja noch ganz frisch, erst 48 Stunden alt. Er habe noch keine Zeit gehabt.

Letztlich ist Mappus schon seit Jahren damit beschäftigt, Ministerpräsident von Baden-Württemberg zu werden. Aber die Ideen und Programme, die ihm in dieser Zeit eingefallen sind, verrät er entweder noch nicht - oder es ist ihm noch kein überzeugender Einfall gekommen.

Der bisherige Fraktionschef Mappus steht bei manchen in Stuttgart im Verdacht, eine Art autoritäres Regime etablieren zu wollen. Einigkeit in der Partei besteht für ihn darin, dass man es so macht, wie er will. Manche in der Fraktion haben fast Angst vor ihm.

Franz Josef Strauß ist eines seiner Vorbilder, wobei ihm seine Gegner zugestehen, dass er eine körperliche Ähnlichkeit mit Strauß besitzt und wie Strauß den Pilotenschein. Letztlich weiß man bei Mappus aber nicht genau, ob er wirklich konservativ ist, oder ob das einfach die Nische ist, die sich anbot. Ein kleines Thesenpapier hat er geschrieben und nach der Landtagswahl 2006 die schwarz-grüne Koalition verhindert. Das reicht offenbar schon, um in der CDU als konservativer Hoffnungsträger zu gelten.

Jetzt wird Mappus der dritte Ministerpräsident in Stuttgart innerhalb von fünf Jahren. Er und Oettinger setzen damit eine lange Tradition im Land fort. Seit 50 Jahren ist die CDU an der Macht, und noch keiner ihrer sechs Ministerpräsidenten ist regulär aus dem Amt geschieden. So gesehen kann man Oettingers Amtszeit sogar als Erfolg bezeichnen. Er wurde zumindest weggelobt, wie einst Kurt Kiesinger, der zum Bundeskanzler aufstieg.

"Mappi-Schnappi, das Krokodil"

Oettinger musste nicht zurücktreten wie Lothar Späth, Hans Filbinger und Erwin Teufel, die alle von den eigenen Leuten gestürzt wurden. Die Opposition in Baden-Württemberg ist so schwach, dass die Christdemokraten auch noch ihre eigene Opposition spielen müssen. Den Wähler hat das lange nicht geschreckt. Aber Mappus konnte am Beispiel Oettingers nun beobachten, dass viele Menschen in dem Ministerpräsidenten nur noch jemanden gesehen haben, der unbedingt an die Macht wollte - und dann nicht mehr richtig weiterwusste.

"Mappi-Schnappi, das Krokodil"

Mappus hat an diesem Bild kräftig mitgearbeitet. Er führte die Gruppe derjenigen in der CDU an, die 2004 auf der Seite von Erwin Teufel standen und Oettinger für den Königsmörder hielten. So stehen sie eigentlich bis heute: Mappus gehört zu einem eher konservativen Kreis von Leuten wie Volker Kauder und Annette Schavan, die die Zweifel an den Fähigkeiten Oettingers, die Teufel gesät hatte, zu einem ganzen Beet an Boshaftigkeiten gemacht haben, zu denen Oettinger wiederum genug Anlass gab.

Erst vergangene Woche musste Mappus wieder dementieren, er habe in enger Runde das baldige Ende Oettingers vorausgesagt. "Es hat manchmal ein bisschen weh getan, was ich über unser Verhältnis lesen musste", sagte Mappus am Montag. Wenn er wirklich besorgt ist, dann wohl nicht über die Darstellung des zwischenmenschlichen Beziehungen zu Oettinger, sondern über den Ruf, den er sich erarbeitet hat, noch bevor er überhaupt Ministerpräsident und Landesvorsitzender geworden ist.

"Mappi-Schnappi, das Krokodil", hat ihn Justizminister Ulrich Goll vom Koalitionspartner FDP genannt. Für andere ist er der Brutus. Am Anfang hat ihm das gefallen, mittlerweile ist der Ruf außer Kontrolle geraten und hat ihm auch bei der Wahl zum stellvertretenden Parteivorsitzenden geschadet.

Kein klares Bild

Letztlich hat die Partei aber noch gar kein klares Bild von dem, der da jetzt ihr Ministerpräsident wird. Viele im Land kennen ihn einfach nicht. Es ging ja alles sehr schnell bei Mappus. Mit 32 Jahren wurde der Pforzheimer Umweltminister, vier Jahre lang führte er die Fraktion im Landtag. Er wird sich nun überlegen müssen, ob er die alten Grabenkämpfe in die nächste Generation trägt. Oder ob er die Gräben jetzt zuschütten lässt.

Oettinger hat sich in der Frage seiner Nachfolge zurückgehalten, was Mappus beeindruckte. Finanzminister Willi Stächele, der überlegt hatte, gegen Mappus anzutreten, hat sich seinen Verzicht wohl mit der Garantie auf den Verbleib im Amt honorieren lassen. Mancher in der CDU, der dem Oettinger-Lager zugerechnet wird, befürchtet jetzt Säuberungen. Dazu wird es aber wohl nicht kommen, weil Mappus gar nicht so viele Vertraute hat, die er auf Posten setzen könnte.

Stefan Mappus wird in der Partei auch am Anspruch gemessen, bundespolitisch wieder ernst genommen zu werden, in einer Liga mit Christian Wulff und Roland Koch zu spielen und gleichzeitig bei der nächsten Landtagswahl 2011 ein so gutes Ergebnis zu erreichen wie sein Vorgänger. Das sind eine Menge Anforderungen. Mappus macht nicht den Eindruck, als zweifle er daran, sie alle zu erfüllen.

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