Gericht erlaubt DGB-Demo:Nazi-Gegner dürfen demonstrieren

Urteil in letzter Minute: Ein Gericht macht den Weg frei für die Protestaktion gegen einen Neonazi-"Trauermarsch" in Niedersachsen. Ein Verbot der Gegendemo hatte zuvor wütende Kritik ausgelöst.

Die Aufregung war groß in Niedersachsen. Das Verwaltungsgericht Hannover hatte am Donnerstag einen für diesen Samstag geplanten Aufmarsch von Neonazis in Bad Nenndorf erlaubt, eine vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) angemeldete Gegendemonstration aber verboten. Als Argument wurde angeführt, die Einsatzkräfte der Polizei reichten nur für eine Kundgebung aus.

Landkreis wehrt sich gegen Neonazi-Demonstration

Alle Jahre wieder: Ein Neonazi am 2. August 2008 in der Innenstadt von Bad Nenndorf. In diesem Jahr ist eine Gegendemonstration nach einem Verbot nun doch genehmigt worden.

(Foto: dpa)

"Schamlos", nannte der DGB-Regionsleiter Sebastian Wertmüller das Verbot der Gegenkundgebung. Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) protestierte und nannte das Urteil parteiisch. Am Freitagabend hob das Oberverwaltungsgericht Lüneburg das Verbot der DGB-Demo teilweise wieder auf. Das Gericht gestattet dem Gewerkschaftsbund, in dem Ort zumindest eine "stationäre Kundgebung" gegen den Aufmarsch durchzuführen. Einen Antrag des Landkreises Schaumburg, den Aufmarsch von Rechtsextremisten zu verbieten, wies das Gericht ab. Allerdings wird auch die Marschroute der Rechtsextremisten verkürzt.

Der Landkreis hatte ursprünglich sowohl den Aufmarsch der Rechtsextremisten als auch die Gegenkundgebung des DGB unter Auflagen erlaubt. Allerdings rechneten neuere Gefahrenprognosen der Polizei nicht nur mit 250 gewaltbereiten Neonazis, sondern auch mit bis zu 500 gewaltbereiten Linksautonomen - ein Bedrohungsszenario, das die Polizei mit den 2000 zur Verfügung stehenden Einsatzkräften für nicht beherrschbar hielt. Das Oberverwaltungsgericht betonte demgegenüber, einen polizeilichen Notstand habe man weder feststellen noch ausschließen können. Bei einer Abwägung sei man dazu gelangt, dass beide Demonstrationen letztlich nur in eingeschränkter Form stattfinden dürften.

Seit 2006 rufen rechtsextreme Gruppen zu einem sogenannten "Trauermarsch" zum Wincklerbad in Bad Nenndorf auf. Dort hatte der britische Geheimdienst nach dem Zweiten Weltkrieg ein Verhörlager betrieben, in dem es auch zu Misshandlungen an Gefangenen kam.

Folgten vor vier Jahren nur ein paar Handvoll Neonazis dem Aufruf, kamen im vergangen Jahr bereits mehr als 700 Rechtsextremisten in den Kurort. Gegen diesen Aufmarsch demonstrierten damals etwa 1500 Nazigegner, versammelt von einem breiten Bündnis, das vom DGB bis hin zu örtlichen Sportclubs reicht.

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