Autonome Autos:Haftung für den Roboter

Das autonome Fahren ist eine Revolution. Doch die rechtlichen Probleme muss man vor der Zulassung klären. Der EU-Gesetzgeber muss eine klare Verantwortlichkeit der Hersteller der Roboterautos festschreiben.

Von Heribert Prantl

Wer ist eigentlich der Fahrer beim vollautonomen Fahren? Ist der Fahrer derjenige, der im Auto auf dem Platz sitzt, den man bisher als Fahrersitz bezeichnet hat? Ist er der Fahrer, obwohl er gar nicht selber fährt und auch gar nicht mehr selber eingreifen soll und kann? Und muss er als Fahrer haften, obwohl er nur dort sitzt, wo bisher der Fahrer saß? Das wäre einigermaßen seltsam. Der Mensch auf dem bisher sogenannten Fahrersitz ist nicht wirklich Fahrer, sondern Passagier. Fahrzeugführer ist im selbstfahrenden Auto der vom Hersteller eingebaute Computer.

Es ist daher nicht nur eine pfiffige Idee, sondern ein Faktum: Fahrer im Sinne der Straßenverkehrsordnung ist bei Roboterautos der Autohersteller - Google und Uber oder später mal VW und Daimler. Dementsprechend haftet bei Unfällen der Hersteller als Fahrer. Sind damit die rechtlichen Probleme geklärt? Mitnichten. Die Haftung des Fahrers ist nämlich eine Verschuldenshaftung. Der Geschädigte, das Unfallopfer, muss dem Fahrer/Hersteller des selbstfahrenden Autos eine Schuld, etwa einen Programmier- und Systemfehler nachweisen. Das ist schwierig. Es braucht eine bessere rechtliche Lösung. Der erste tödliche Unfall, den ein autonomes Uber-Auto in den USA verursacht hat, muss den Gesetzgeber auf den Plan rufen - nicht den nationalen, sondern den europäischen, weil sich nationale Alleingänge verbieten. Die rechtlichen Probleme, die das Auto-Auto mit sich bringt, darf man nicht erst nach der Zulassung dieser Autos anpacken.

Das autonome Fahren ist eine Revolution - technisch und in der Lebenswirklichkeit. Dieses autonome Fahren beflügelt die Fantasie, auch die Fantasie der Juristen. Sie müssen klären, ob und wie der Hersteller eines selbstfahrenden Autos haftet; sie müssen klären, ob die geltenden Haftungsregeln reichen. Die Antwort lautet: Sie reichen nicht. Der Gesetzgeber wird Klarheit schaffen müssen - glasklare Klarheit, weil die befriedigende Regulierung eines Schadens, den ein Roboterauto angerichtet hat, nicht von der juristischen Fantasie des jeweiligen Richters abhängen kann. Die notwendige glasklare Klarheit bringt nicht eine Fahrerhaftung, auch nicht eine vage Produkthaftung für Produkt- und Programmierfehler - sondern nur die gesetzliche Einführung einer neuen Gefährdungshaftung.

Der Hersteller haftet dann für die Schäden, die ein selbstfahrendes Auto verursacht. Der Hersteller haftet dann so, wie nach heute geltendem Recht der Halter haftet. Der Halter haftet für die Betriebsgefahr; ohne diese Halterhaftung wäre die befriedigende Abwicklung von Unfallschäden oft gar nicht möglich, weil nicht immer der Fahrer, aber stets der Halter eines Autos ermittelt werden kann. Er haftet nicht für ein pflichtwidriges Verschulden, sondern dafür, dass der Betrieb seines Autos eine Gefahrenquelle geschaffen hat. Genauso ist es mit dem Roboterauto: Der Hersteller soll für dessen Betriebsgefahr haften müssen - unabhängig von einem konkreten Verschulden des Herstellers. Der Gesetzgeber wird entscheiden müssen, ob diese Herstellerhaftung dann neben oder an die Stelle der bisherigen Halterhaftung tritt.

Zu teuer? Die Hersteller werden die Kosten der Herstellerhaftpflicht abzuwälzen wissen - auf die Käufer der autonomen Autos. Wenn sie es bei der Abwälzerei übertreiben, schaden sie dem Absatz und der Akzeptanz ihrer Produkte.

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