Autokonzern:Winterkorn soll VW noch mit 70 führen

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Die Aufsichtsratsspitze will den Vertrag von Deutschlands bestbezahltem Manager bis 2018 verlängern. Das Alter wäre eine Besonderheit in der Auto-Industrie - könnte aber auch bei der Konkurrenz Nachahmer finden.

Von Thomas Fromm, München

VW-Chef Martin Winterkorn soll bis Ende 2018 und damit zwei Jahre länger als geplant den Autokonzern führen. Der 68-jährige Manager, der im Frühjahr einen wochenlangen Machtkampf gegen den VW-Patriarchen und damaligen Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch gewonnen hatte, soll das Unternehmen damit noch über sein 70. Lebensjahr hinaus führen.

In der schnelllebigen Industrie ist dies eine Besonderheit. Erst im Frühjahr hatte der Münchner Rivale BMW einen Generationenwechsel ausgerufen und den 49-jährigen Harald Krüger an die Konzernspitze geholt. Sein zehn Jahre älterer Vorgänger Norbert Reithofer wechselte an die Aufsichtsratsspitze. In Stuttgart allerdings könnte man dem Beispiel VWs folgen: Der Vertrag des 62-jährigen Daimler-Chefs Dieter Zetsche läuft zwar im nächsten Jahr aus - soll aber um weitere drei Jahre bis 2019 verlängert werden.

Bei VW verweist man auf die Erfolge Winterkorns, der VW seit 2007 führt. Kritiker monieren, dass VW keinen Nachfolger für seinen Top-Manager aufgebaut habe.

Winterkorn, mit einem Jahresgehalt von zuletzt fast 16 Millionen Euro der bestbezahlte Manager in Deutschland, ist gerade dabei, Europas größten Autohersteller komplett umzubauen. Einzelne Marken wie Porsche oder Audi sowie die einzelnen Regionen sollen in Zukunft selbständiger werden; gleichzeitig will der Manager in den nächsten Jahren Milliarden Euro einsparen, um VW profitabler zu machen. "Wir werden mit Professor Martin Winterkorn an der Spitze den Erfolgsweg der vergangenen Jahre weitergehen", sagte der VW-Aufsichtsratschef und frühere IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber am Mittwoch. Der Empfehlung des Aufsichtsratspräsidiums muss nun noch der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 25. September zustimmen. Dies gilt jedoch als sicher.

Winterkorn hat damit so viel Macht wie nie zuvor bei VW. Im Frühjahr hatte Piëch mit einem Satz ("Ich bin auf Distanz zu Winterkorn") versucht, seinen Manager zu stürzen. Am Ende schlugen sich die Eigentümer und die Arbeitnehmervertreter, unter dem mächtigen Betriebsratschef Bernd Osterloh, auf die Seite Winterkorns. Piëch zog sich von dem Aufsichtsratsvorsitz zurück, kann aber als Großaktionär auch weiterhin Einfluss auf den Konzern nehmen. Unklar ist derzeit, wie es an der Aufsichtsratsspitze weitergeht. Winterkorn galt auch als möglicher Kandidat für eine Ablösung des Arbeitnehmervertreters Huber. Die Zeit drängt nun, denn Huber galt von Anfang an als Interimskandidat. Im Konzern stellt man sich darauf ein, dass noch bis Ende des Jahres ein Nachfolger für den Gewerkschafter gefunden werden muss. Die Suche ist schwierig, seit auch VW-Großaktionär Wolfgang Porsche das Amt ausgeschlagen hat.

Der frühere BMW- und Linde-Manager Wolfgang Reitzle - auch sein Name ist im Gespräch - dürfte auf den Widerstand der Betriebsräte stoßen. Nun wird VW-Finanzchef Hans Dieter Pötsch, 64, als Huber-Nachfolger gehandelt. "Der kennt VW in- und auswendig und hat das Vertrauen von allen", sagt ein Insider.

© SZ vom 03.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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