Abgasskandal:Scheuer knöpft sich Daimler vor

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  • Bundesverkehrsminister Scheuer veranlasst Daimler, deutschlandweit 238 000 Fahrzeuge wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung zurückzurufen.
  • Insgesamt seien in Europa 774 000 Fahrzeuge betroffen, bei denen illegale Abschalteinrichtungen eingebaut worden seien sollen.
  • Die neuen Vorwürfe will der Konzern nicht stehen lassen und kündigte am Donnerstag Widerspruch an.

Von Markus Balser, Berlin, und Klaus Ott, Berlin/München

Der Autohersteller Daimler gerät in der Abgasaffäre immer stärker unter Druck. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) warf dem Konzern am Montagabend vor, in 774 000 Autos in Europa illegale Abschalteinrichtungen eingebaut zu haben. Der Bund werde den Rückruf der betroffenen Fahrzeuge in die Werkstatt anordnen. Allein in Deutschland sind 238 000 Fahrzeuge betroffen, sagte Scheuer nach einem Treffen mit Konzernchef Dieter Zetsche in Berlin.

Die Eskalation des Streits mit der Bundesregierung ist für das Unternehmen eine herbe Schlappe. Daimler-Chef Zetsche hatte seit Beginn des Abgasskandals stets behauptet, bei Daimler werde weder betrogen noch manipuliert. Nun sollen Hunderttausende Fahrzeuge in den Werkstätten Updates für die Motorsteuerung bekommen. Betroffen sind neben dem schon zurückgerufenen Transporter Vito auch die häufig verkauften C-Klasse-Modelle und der Geländewagen GLC. Daimler habe zugesagt, mit dem Kraftfahrt-Bundesamt schnellstmöglich die beanstandeten Funktionen zu beseitigen. Aus Kreisen der Bundesregierung verlautete, noch sei offen, ob damit bereits das ganze Ausmaß der Affäre bei Daimler bekannt sei.

Nach Volkswagen ist Daimler der zweite deutsche Autobauer, dem amtlich Abgasmanipulation bescheinigt wird.

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Scheuer hatte Zetsche bereits Ende Mai zu einer Krisensitzung einbeordert

Die Vorwürfe der Behörden betreffen das Abgasreinigungssystem der Fahrzeuge. Insidern zufolge sorgt die Technik dafür, dass die Autos bei Tests weniger Abgase ausstoßen als auf der Straße. Scheuer hatte Zetsche bereits Ende Mai zu einer Krisensitzung einbeordert, nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt einen Rückruf von etwa 4900 Exemplaren des Mercedes-Kleintransporters Vito wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung angeordnet hatte. Daimler hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und dem Ministerium mit dem Gang vor Gerichte gedroht.

Auch die neuen Vorwürfe will der Konzern nicht stehen lassen und kündigte am Donnerstag Widerspruch an.

In der Abgasaffäre bei Volkswagen wird nun auch gegen Rupert Stadler ermittelt, den Vorstandschef der Ingolstädter VW-Tochter Audi. Die Staatsanwaltschaft München II durchsuchte am Montag die Privatwohnungen von Stadler und einem weiteren Vorstandsmitglied, gegen das ebenfalls ein Verfahren läuft. Die Staatsanwaltschaft wirft beiden Managern Betrug von Autokäufern vor. Sie hätten in Kauf genommen, dass in Europa Dieselfahrzeuge mit manipulierter Abgasreinigung auf den Markt gebracht worden seien. Bislang hatten die Strafverfolger nur ehemalige Audi-Vorstände in Verdacht.

Stadler wird durch einen Audi-Mitarbeiter, der bei der Staatsanwaltschaft als Zeuge ausgesagt hat, und eine beim Unternehmen sichergestellte Mail schwer belastet. Der Audi-Chef soll nach Beginn der Abgasaffäre im Herbst 2015 im eigenen Unternehmen Hinweise bekommen haben, dass außer bei Volkswagen auch bei der Ingolstädter VW-Tochter Autos mit manipuliertem Abgassystem gebaut und verkauft würden. Stadler weist seit jeher alle Vorwürfe zurück.

© SZ vom 12.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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