Autoindustrie:Umweltbundesamt: Merkel liegt falsch

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Die Leiterin der Behörde stellt klar, dass Dieselautos keine Klimaretter sind. Umweltfreundlicher als die hohen deutschen Subventionen für Dieselkraftstoffe sei das Beispiel der Niederlande.

Von Jan Heidtmann, München

Das Umweltbundesamt (UBA) hat die Aussage der Kanzlerin korrigiert, wonach Diesel-Fahrzeuge beim Klimaschutz helfen würden. Zwar könne die Dieseltechnologie tatsächlich zum Klimaschutz beitragen, sagte Maria Krautzberger, die Präsidentin des UBA, der Süddeutschen Zeitung. "Aktuell kann vom ,Klimaretter' aber keine Rede sein."

Dieselwagen stoßen bei gleicher Motorisierung zwar bis zu 15 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid aus, ein Treibhausgas, das die Klimaerwärmung verstärkt. "Dieser Vorteil besteht nur auf dem Papier", heißt es beim UBA. Dieselantriebe seien vor allem in SUVs und anderen hochmotorisierten Fahrzeugen verbaut. Grund dafür ist, dass Diesel-Fahrzeuge deutlich weniger Treibstoff verbrauchten als Benziner und somit gerade bei höheren PS-Zahlen attraktiver seien. Diese Dynamik, so das UBA, zehre den Vorteil der Diesel beim Ausstoß von CO₂ wieder auf. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Dienstag eindringlich für den Diesel geworben: "Gegen den Diesel vorzugehen, bedeute auch, gegen CO₂-Ziele vorzugehen."

Umweltfreundlicher als die Subventionen für Diesel wäre eine Förderung kleinerer Autos

Nach Auffassung des UBA helfe der Diesel gegenwärtig jedoch nicht, das Klima zu schützen. "Das Potenzial des Diesel zum Klimaschützer wird derzeit nicht genutzt", sagt UBA-Präsidentin Krautzberger. Dies ließe sich ebenso gut mit Benzinmotoren erreichen, wie das Beispiel der Niederlande zeige. Während in Deutschland bislang fast jedes zweite neu zugelassene Auto ein Diesel ist, sind es im Nachbarland knapp 30 Prozent. Dennoch lägen die durchschnittlichen CO₂-Emissionen des Autobestands um 27 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer unter denen Deutschlands (102 Gramm zu 129). 2004 lagen sie in den Niederlanden noch bei 172 Gramm CO₂.

Der deutliche Rückgang bei dem Schadstoff ist auf die Besteuerung zurückzuführen. In den Niederlanden orientieren sich die zu zahlenden Steuern für den Kauf und den Besitz von Fahrzeugen stark am Ausstoß von Kohlendioxid. Dies gilt auch bei Firmenwagen. Nach Angaben des UBA müsse in den Niederlanden zum Beispiel für einen VW Passat 2.0 TDI (Diesel) 20 Prozent des Neuwagenpreises als geldwerter Vorteil versteuert werden. In Deutschland ist es gerade einmal ein Prozent. Dazu käme eine höhere Anschaffungssteuer und eine Kfz-Steuer, die in diesem Fall weit über der in Deutschland liege.

Anders als in Deutschland, wo der Preis für Dieseltreibstoff pauschal stark subventioniert wird, würde in den Niederlanden die Anschaffung hochmotorisierter Fahrzeuge nicht gefördert. So sei der Anteil an Elektrofahrzeugen im Nachbarland mit fast zehn Prozent auch deutlich höher. In Deutschland sind es gerade einmal 0,7 Prozent. Auch die Leistung und das Gewicht der PKW in den Niederlanden sei deutlich niedriger als hierzulande. Eine Entwicklung, die sich die UBA-Präsidentin auch für Deutschland wünscht: "Viel effektiver für den Klimaschutz wären vor allem kleinere Autos und mehr Elektroautos und Plug-in-Hybride auf der Straße."

© SZ vom 07.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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