Autogipfel:Milliarden-Fonds gegen Fahrverbote in Städten

Um den Stickoxid-Ausstoß zu senken, gibt der Bund den Kommunen mehr Geld. Doch viele Städte sind mit dem Ergebnis des Treffens unzufrieden.

Von Markus Balser und Michael Bauchmüller, Berlin

Die Bundesregierung will weitere 500 Millionen Euro aufbringen, um Fahrverbote in deutschen Städten zu verhindern. Das Geld werde noch im laufenden Haushalt zur Verfügung gestellt, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach einem Treffen mit Bürgermeistern und Ministerpräsidenten in Berlin. Das Geld soll den Städten helfen, den Ausstoß von Stickoxiden zu drosseln, etwa durch Nachrüstung kommunaler Fahrzeugflotten. Sofort werde eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die über die Förderung einzelner Projekte entscheiden könne. "Die Zeit drängt, und wir sind uns alle einig, dass es ein großer Kraftakt ist", sagte Merkel.

Derzeit müssen Dutzende deutsche Städte fürchten, dass Gerichte sie zu Fahrverboten zwingen. Im vorigen Jahr hatten 90 deutsche Städte die geltenden Grenzwerte für die Stickoxid-Belastung der Luft nicht einhalten können. Als Hauptverursacher gelten Dieselautos - von denen viele in der Realität weit mehr Stickoxide ausstoßen als auf dem Papier. Anfang August hatten Industrie und Regierung bei einem ersten Autogipfel bereits einen 500-Millionen-Euro-Fonds beschlossen, den sie zu gleichen Teilen bestücken wollen. Mit der Zusage vom Montag steht nun insgesamt eine Milliarde Euro bereit, um die Luft in den Städten zu verbessern. "Es ist wichtig, dass wir die Städte und Gemeinden damit nicht alleine lassen", sagte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) nach dem Treffen.

Dennoch sind viele Städte unzufrieden mit dem Ergebnis. "Die Zeit drängt, wir müssten eigentlich einen Schritt weiter sein", sagte Münchens Oberbürgermeister

Dieter Reiter (SPD). "Wir hätten schon gerne eine Aussage gehabt, in welche Richtung man investieren will", sagte auch Michael Ebling (SPD), Oberbürgermeister von Mainz und zugleich Präsident des Verbands Kommunaler Unternehmen. Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) forderte mehr Engagement von der Industrie. Die Stadt wolle gerne Elektrobusse anschaffen - es gebe seitens der Autoindustrie aber keinerlei Angebote dafür. So bleibt als einziges greifbares Ergebnis ein Programm zur Nachrüstung alter Busse, für das sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) eingesetzt hatte. Zwar machten Busse nur ein Prozent aller Fahrzeuge aus, sie stünden aber für 20 Prozent der Emissionen.

Auch die Einführung einer sogenannten "blauen Plakette" blieb bei dem Treffen umstritten. Sie würde es erlauben, Fahrzeuge mit schlechten Schadstoffwerten aus den Städten auszusperren. Viele Kommunen fordern dies: Sie sehen darin die einzige Möglichkeit, gerichtlich verhängte Fahrverbote durchzusetzen. Doch Vertreter des Bundes wie auch der Länder schlossen die Einführung bei dem Treffen aus. Wachsen soll der Druck nun auf ausländische Autohersteller. Bislang hatten sich nur deutsche Anbieter zu Nachrüstungen bereit erklärt. Man werde das Gespräch suchen, kündigte Merkel an. Schon bei der Internationalen Autoausstellung in Frankfurt könne es Gespräche geben.

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