Ausstieg des Senators:Rubios Demütigung - Desaster für die Republikaner

Der Senator wirft nach der Niederlage in seinem Heimatstaat hin. Damit endet auch der Versuch, den Republikanern ein neues Gesicht zu geben.

Von Johannes Kuhn, New Orleans

Marco Rubio war der Präsidentschaftskandidat, den alle liebten, nur die Wähler nicht. Jugendlich und agil, rhetorisch talentiert und stets für eine witzige Bemerkung gut. Als Sohn bescheidener kubanischer Einwanderer mit einer "Nur-möglich-in-Amerika"-Biografie ausgestattet. Politisch streng konservativ, aber nicht unkorrigierbar extrem und damit im November, nach etwas Feinjustierung, für die Mitte wählbar.

Aber eben nicht rechts davon, wo die meisten Republikaner in den Vorwahlen 2016 ihre Heimat haben. Seinen (später abgebrochenen) Einsatz im Senat für eine Einwanderungsreform im Jahr 2013 verzieh ihm der ideologisierte Teil der Basis nie, Hardliner-Positionen in der Außenpolitik brachten kaum Stimmen.

Der 44-Jährige wollte den Frust der Konservativen artikulieren und mit einer optimistischen Botschaft verbinden. Donald Trump artikulierte den Frust nicht nur, er verwandelte ihn in Wut. Und der Satz "Wir werden Amerika wieder großartig machen" war den meisten Wählern Optimismus genug.

Zu viel Obama, wenn auch nur in der Form

"Die Kinder der Reagan-Revolution sind bereit, die Führung zu übernehmen", lautete einer von Rubios Standard-Slogans. Irgendwo in einem Paralleluniversum ist das die ideale Botschaft. Viele Wähler sahen in dem Senator aus Florida jedoch einen Wiedergänger Obamas, einen jungen Berufspolitiker ohne Erfahrung und notwendiges politisches Gewicht.

In der Tat ist Rubio das Produkt einer klugen Wahlkampagne, die ihn in Florida 2010 als Außenseiter-Kandidaten gegen einen ungeliebten Gouverneur positionierte und den Weg in den Senat ebnete. Eine echte Basis hatte er nicht, nicht einmal in seinem Heimatstaat.

Vor allem aber konnte er keine besonderen politischen Leistungen vorweisen, um den Eindruck der Unerfahrenheit zu widerlegen. Trump mit seinen Sprüchen vom "kleinen Marco" erkannte diesen Schwachpunkt ebenso wie Chris Christie, der die Parteihoffnung im Fernsehen als "Roboter-Rubio" abkanzelte, der nur einprogrammierte Sprüche wiedergeben kann. Und als Rubio gegen Trump in die Offensive ging, über dessen kleine Hände spottete und Andeutungen über Inkontinenz machte, wirkte er aus eigenem Verschulden unreif.

Rubio wollte mediale Aufmerksamkeit, Trump bekam sie

Erst in den vergangenen Tagen, als der vierfache Vater emotional über die Gefahren der politischen Spaltung sprach und in der TV-Debatte dem Milliardär Trump klug die Grenzen aufzeigte, war der Kandidat zu erkennen, den viele in der Partei sehen wollten.

Doch da war schon alles entschieden, vielleicht sogar schon viel früher: Das Team des Senators hatte vergangenen Herbst auf eine starke TV-Präsenz statt auf Wahlkampf vor Ort gesetzt, um dann festzustellen, dass Trump die Medien dominierte. Auch in Florida hatte er sich selbst über- und die Umfragen lange unterschätzt.

Ende des Jahres wird Marco Rubio aus dem US-Senat ausscheiden. Natürlich gibt es die Möglichkeit, dass er 2018 bei der Wahl zu Floridas Gouverneur antritt oder ein Vize-Kandidat unter einem unwahrscheinlichen Kandidaten Ted Cruz wird. Doch mit Rubio ist nicht nur ein Präsidentschaftsbewerber gescheitert, sondern bis auf Weiteres auch die Idee einiger Republikaner, den Wählern Aufbruch und Öffnung zu vermitteln. Das Time-Titelbild, auf dem Rubio 2013 zum "Retter der Republikaner" erklärt wurde, wirkt 2016 wie aus einer anderen Zeit.

Mit John Kasich übernimmt nun ausgerechnet ein Kandidat die Rolle Rubios, der mehr an die alte Schule als die neue Generation erinnert. Doch eigentlich war Rubio nur in der Form modern, seine Anti-Obama-Botschaft, die Versprechen niedriger Steuern, das Hochspielen des Militärs und das Herunterspielen des Klimawandels waren klassisch konservativ.

"Das ist der Moment, von dem alle sagten, dass er nie kommen werde", deutete Marco Rubio im Februar den dritten Platz in Iowa zum Sieg um. Am Abend der bitteren Niederlage von Florida erklärte er: "Es ist deutlich, dass wir dieses Jahr auf der richtigen Seite waren. Aber nicht auf der Siegesseite". Und legte seine Kandidatur nieder.

Niemand war mehr überrascht davon, dass der Moment gekommen war.

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