Außenminister Kotzias im SZ-Interview:Athen will Kompromiss bei Reparationen

Greece's Minister of Foreign Affairs Kotzias arrives to the informal European Union Ministers of Foreign Affairs meeting in Riga

Der griechische Außenminister Nikos Kotzias bei einem EU-Ministertreffen Anfang März in Riga.

(Foto: REUTERS)
  • Vor dem Besuch von Griechenlands Premier Alexis Tsipras in Berlin trifft sich dessen Außenminister Nikos Kotzias am Sonntagabend mit seinem Amtskollegen Steinmeier.
  • Im Streit um deutsche Reparationszahlungen an Athen fordert Kotzias im SZ-Interview eine politische Lösung.
  • Ein Weisenrat mit griechischen und deutschen Experten soll helfen, sie zu finden.
  • Neuer Ärger könnten Zahlen über die Höhe griechischer Renten auslösen, die in Brüsseler Verhandlungskreisen kursieren.

Von Stefan Braun, Claus Hulverscheidt und Christiane Schlötzer, Athen

Griechenland setzt vor dem ersten offiziellen Besuch von Premier Alexis Tsipras an diesem Montag auf Entspannung im Verhältnis zu Berlin. In dem Streit um Reparationen für Kriegsschäden in Griechenland aus dem Zweiten Weltkrieg strebt die Regierung in Athen nach den Worten ihres Außenministers Nikos Kotzias eher eine politische als eine juristische Lösung an. Zuletzt hatte es Drohungen gegeben, die Gebäude deutscher Einrichtungen in Griechenland zu pfänden, sollte es keine Einigung mit Deutschland geben.

Kotzias sagte jetzt in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: "Ich glaube, man muss Wege finden, mit Deutschland rational über bestimmte Probleme zu diskutieren." Er schlage deshalb einen Weisen-Rat mit Wissenschaftlern aus beiden Ländern vor, sagte Kotzias: "Wir müssen einen gemeinsamen Nenner finden." Die Bundesregierung hat bislang stets erklärt, alle Reparationsforderungen seien erledigt.

Nikos Kotzias im SZ-Interview

Das große Interview mit dem griechischen Außenminister Nikos Kotzias lesen Sie in voller Länge in der Montagsausgabe der Süddeutschen Zeitung, in der gedruckten oder der digitalen Ausgabe.

Allerdings war am Wochenende zu hören, es werde in der Regierungsspitze überlegt, den 2014 ins Leben gerufenen deutsch-griechischen Zukunftsfonds und das deutsch-griechische Jugendwerk deutlich stärker zu nutzen, um in Griechenland soziale Projekte zu finanzieren. Das sollte unter anderem beim Treffen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit seinem griechischen Kollegen Kotzias am Sonntagabend in Berlin Thema sein.

Premier Tsipras war erst in der Nacht zum Freitag mit Merkel in Brüssel zu einem Sondergipfel zusammengetroffen. In der Runde hatte Tsipras nach Informationen aus Athen zugegeben, Griechenland komme ohne Unterstützung nur bis zum 8. April finanziell über die Runden. Vor der Auszahlung von Milliardenhilfen aus dem bisherigen, noch nicht gänzlich abgewickelten Rettungsprogramm muss Tsipras aber in den nächsten Tagen den EU-Partnern neue Reformvorschläge unterbreiten. Es wird nicht damit gerechnet, dass er die schon an diesem Montag Merkel präsentiert. Der Sonntagsausgabe der Zeitung Kathimerini sagte Tsipras: "Ich reise ohne den Druck der Verhandlungen."

Griechenlands Außenminister lobt die Bundeskanzlerin

Kotzias sprach im SZ-Interview auch einen Schuldenschnitt für Griechenland an, aber ohne konkrete Forderungen. Über Merkel sagte er, "sie ist ein sehr rationaler Mensch und sie denkt an die Zukunft Europas". Dass Griechenland nicht destabilisiert werde, sei wichtig für Europa, auch weil sich sonst "Millionen Menschen" aus dem Nahen Osten auf den Weg nach Norden machen könnten.

Neuen Ärger bei CDU und CSU könnten Zahlen zu den staatlichen Renten in Griechenland auslösen, die in Brüsseler Verhandlungskreisen kursieren. Sie scheinen zu belegen, dass es vielen Betroffenen weniger schlecht geht, als Gegner der Sparpolitik behaupten. Demnach liegt die staatliche Rente eines griechischen Bürgers trotz Kürzungen fast auf deutschem Niveau. Die Rede ist von 1100 Euro, je nach Berechnung auch 1240 Euro monatlich. In Deutschland (West) erhält ein Rentner, der 45 Jahre lang durchschnittlich verdient und Beiträge eingezahlt hat, knapp 1290 Euro im Monat.

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