Außenansicht:Eine Robotersteuer hilft

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Robert J. Shiller, 70, ist Professor für Ökonomie an der Universität Yale. Er wurde 2013 mit dem Nobelpreis für Ökonomie ausgezeichnet. Copyright: Project Syndicate (Foto: Pedro Pardo/AFP)

Die Einführung disruptiver Technik erhöht die Ungleichheit. Sie sollte daher mit einer Abgabe belastet werden.

Von Robert J. Shiller

Es war die luxemburgische Europaabgeordnete Mady Delvaux, die im vorigen Jahr die Idee einer Robotersteuer aufbrachte. Ihr Bericht vor dem Rechtsausschuss des EU-Parlaments betonte, wie sehr Roboter das Problem der Ungleichheit verschärfen können. Sie schlug vor, dass in Unternehmensberichten künftig der Beitrag von Robotik und künstlicher Intelligenz zum Betriebsergebnis gesondert ausgewiesen wird, mit dem Ziel, diesen Beitrag der Besteuerung unterwerfen und Sozialbeiträge darauf erheben zu können. Die Reaktion auf Delvaux' Vorschlag war - mit der bemerkenswerten Ausnahme von Microsoft-Gründer Bill Gates - überwiegend negativ.

Wir sollten jedoch die Idee nicht so schnell verwerfen. Allein im vorigen Jahr haben wir die Verbreitung von Geräten wie Google Home und Amazon Echo Dot (Alexa) erlebt, die Haushaltshilfen teilweise ersetzen können. Die autonomen Taxidienste Delphi und nuTonomy in Singapur haben begonnen, Taxifahrer zu ersetzen. Und Doordash ersetzt mit selbstfahrenden Mini-Fahrzeugen von Starship Technologies das Lieferpersonal von Restaurants.

Wenn sich diese und andere Innovationen durchsetzen, werden viele Menschen ihre Arbeit verlieren - häufig eine Arbeit, mit der sie sich identifizieren und auf die sie sich über Jahre vorbereitet haben. Optimisten verweisen darauf, dass es immer neue Arbeitsplätze für Menschen gegeben hat, die durch neue Technik ersetzt wurden. Doch angesichts der Roboterrevolution wachsen die Zweifel, wie gut das diesmal ablaufen wird. Eine Robotersteuer könnte, so hoffen deren Befürworter, diesen Prozess zumindest vorübergehend verlangsamen und Geld für Anpassungsmaßnahmen wie die Umschulung von Arbeitskräften zur Verfügung stellen.

In seinem Buch "Rewarding Work" hat der amerikanische Ökonom Edmund S. Phelps gezeigt, wie wichtig die Bewahrung eines "Platzes in der Gesellschaft", einer "Berufung" ist. Wenn viele Menschen nicht mehr in der Lage sind, eine Familie zu ernähren, ergeben sich daraus beunruhigende Folgen, und es könnte, wie Phelps betont, "die Funktionsweise der kompletten Gemeinschaft beeinträchtigt werden". Anders ausgedrückt: Die Robotisierung hat externe Effekte, die ein staatliches Eingreifen rechtfertigen. Kritiker der Robotersteuer betonen, dass der Begriff "Roboter" nicht eindeutig ist, was die Definition der Steuerbasis schwierig gestaltet. Sie verweisen zudem auf den enormen, unbestreitbaren Nutzen der neuen Robotik für das Produktivitätswachstum.

Doch während der Phase des Übergangs zu einer anderen Arbeitswelt sollte man Robotersteuern zumindest in bescheidenem Umfang nicht ausschließen. Eine derartige Steuer sollte Teil eines umfassenderen Plans zur Bewältigung der Robotikrevolution sein.

Alle Steuern, mit Ausnahme von reinen Kopfsteuern, führen in der Wirtschaft zu Verzerrungen. Eine Kopfsteuer - bei der alle Einwohner unabhängig von ihrem Einkommen oder ihren Ausgaben denselben Betrag zahlen - kann keine Regierung einführen, weil sie Geringverdiener am härtesten treffen und die Armen auspressen würde. Daher müssen sich alle Steuern auf irgendeine Aktivität beziehen, aus der sich die Fähigkeit zur Zahlung von Steuern ableiten lässt. Und sie wird abschreckend auf diese Aktivität wirken, egal, um was für eine Aktivität es sich handelt.

Der britische Ökonom Frank Ramsey, ein Freund Ludwig Wittgensteins, argumentierte 1927 in einem klassischen Aufsatz, dass man, um steuerbedingte Verzerrungen möglichst klein zu halten, alle Aktivitäten besteuern sollte, und schlug konkrete Steuersätze vor. Seine abstrakte Theorie war nie ein funktionsfähiges Modell, aber sie liefert starke Argument gegen die These, dass die Steuer auf alles, außer einigen wenigen Aktivitäten, null sein sollte oder auch dass alles zum selben Satz besteuert werden sollte.

So kann man Aktivitäten, die externe Effekte auslösen, mit einem höheren Steuersatz belegen, als Ramsey dies vorgeschlagen hätte. Steuern auf alkoholische Getränke beispielsweise sind weit verbreitet. Alkoholismus ist ein wichtiges gesellschaftliches Problem. Es zerstört Ehen, Familien und Leben. Von 1920 bis 1933 probierten die Vereinigten Staaten einen sehr viel harscheren Markteingriff aus: ein direktes Alkoholverbot. Allerdings erwies es sich als unmöglich, den Alkoholkonsum auszurotten. Die Alkoholsteuer, die das Ende der Prohibition begleitete, war eine mildere Form der Abschreckung.

Wenn man über eine Robotersteuer diskutiert, sollte man auch bedenken, welche Alternative es überhaupt gibt, um mit der zunehmenden Ungleichheit umzugehen. Es wäre zwar logisch, eine stärker progressive Einkommensteuer oder ein "Grundeinkommen" einzuführen. Doch haben diese Maßnahmen nicht die Unterstützung einer breiten Öffentlichkeit. Ohne diese aber wird eine Steuer, wenn sie denn eingeführt werden sollte, keinen Bestand haben.

Wenn Steuern auf hohe Einkommen erhöht werden, was normalerweise in Kriegszeiten vorkommt, ist dies meist nur vorübergehend. Letztlich finden die meisten, dass es für erfolglose Menschen erniedrigend ist, wenn erfolgreiche Menschen zu ihren Gunsten besteuert werden; selbst die Empfänger derartiger Almosen wollen diese nicht wirklich. Die Politiker wissen das: Sie machen normalerweise keinen Wahlkampf mit dem Vorschlag, hohe Einkommen zu konfiszieren und niedrige zu bezuschussen.

Daher müssen die Steuern umstrukturiert werden, um die durch die Robotisierung herbeigeführte Ungleichheit zu beheben. Es dürfte politisch akzeptabler und damit nachhaltiger sein, Roboter zu besteuern als Menschen mit hohem Einkommen. Dabei würde nicht der Erfolg des Einzelnen besteuert wie bei der Einkommensteuer, trotzdem könnte das Modell zu etwas höheren Steuern auf höhere Einkommen führen, wenn diese aus Aktivitäten resultieren, bei denen Menschen durch Roboter ersetzt werden.

Eine moderate Steuer auf Roboter - und sei es nur eine zeitlich begrenzte, die die Einführung disruptiver Technik lediglich verlangsamt - ist die logische Komponente einer Politik zur Bekämpfung der wachsenden Ungleichheit. Die Steuereinnahmen könnten in eine Lohnausfallversicherung fließen, um Menschen, die durch die neue Technik ihre Arbeit verlieren, beim Aufbau einer neuen Karriere zu unterstützen. So ein Modell würde mit unserem natürlichen Gerechtigkeitsempfinden im Einklang stehen und hätte daher vermutlich Bestand.

Aus dem Englischen von Jan Doolan

© SZ vom 29.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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