Ausschreitungen in Tunesien:Tumulte bei Nacht

Auch eine Ausgangssperre kann die Proteste gegen den tunesischen Präsidenten Ben Ali nicht eindämmen. In der Hauptstadt Tunis fallen Schüsse. Im Süden des Landes soll ein Urlauber getötet worden sein.

Präsident Ben Ali hatte eine Ausgangssperre verhängt, um Krawalle in der Hauptstadt zu vermeiden. Ohne Erfolg: In mehreren Armenvierteln von Tunis kam es am Mittwochabend dennoch zu schweren Ausschreitungen mit zahlreichen Verletzten. Mindestens sechs Menschen kamen nach Angaben von Augenzeugen ums Leben. Ein 25-Jähriger wurde im Zentrum der Hauptstadt von einer Kugel in den Kopf getroffen.

Ausschreitungen in Tunesien: Amateuraufnahme eines brennenden Autos in Douz: In der Stadt im Süden Tunesiens soll ein Urlauber getötet worden sein.

Amateuraufnahme eines brennenden Autos in Douz: In der Stadt im Süden Tunesiens soll ein Urlauber getötet worden sein.

(Foto: AP)

In den Straßen waren bis spät in den Abend Schüsse zu hören. Unklar war, ob Tränengas-Granaten oder scharfe Munition verschossen wurde. In der Nacht kehrte in mehreren Viertel der Hauptstadt wieder Ruhe ein. Dies bestätigten Anwohner.

Die Demonstranten hätten die Abdankung des autokratischen Präsidenten Zine el-Abidine Ben Ali gefordert und ihn und seine Familie verunglimpft, berichteten Gewerkschaftssprecher. Ben Ali regiert das nordafrikanische Land seit 1987 mit umstrittenen Methoden. Die brutale Vorgehensweise der tunesischen Polizei ist berüchtigt.

Auch aus anderen Teilen des Landes gab es Berichte über erneute Krawalle. Tote wurden aus Douz und Tataouine im Süden des Landes gemeldet. In der etwa 450 Kilometer von Tunis entfernten Stadt Gafsa soll die Polizei nach Angaben von Augenzeugen vor den Demonstranten geflohen sein. Mehrere Geschäfte seien geplündert worden. Dort sollen am Mittwoch mindestens vier Menschen bei Ausschreitungen ums Leben gekommen sein. Unter den Toten ist nach französischen Medienberichten auch ein französisch-tunesischer Universitätsdozent, der Urlaub in seiner Heimat machte.

Um der Lage Herr zu werden, hatte Präsident Ben Ali am Mittwoch den Innenminister entlassen und verkündet, inhaftierte Demonstranten freizulassen. Zum Schutz wichtiger Gebäude marschierten Soldaten auf. Der seit Mitte Dezember anhaltende Protest gegen die hohe Arbeitslosigkeit hat sich mittlerweile zu einer regimekritischen Massenbewegung in diversen Orten des Landes ausgeweitet.

Bei den Opferzahlen der Krawalle gehen die Angaben weit auseinander. Die Regierung sprach am Dienstagabend von 21 Toten, Gewerkschafter gehen von 50 Toten seit dem Wochenende aus.

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