Aussage in Prozess wegen Bestechlichkeit:Glaeseker berichtet von "verstörender" Wulff-SMS

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Der Bruch zwischen Christian Wulff und seinem langjährigen Sprecher ist im Gerichtssaal deutlich zu spüren. Einen Tag nach dem Ex-Bundespräsidenten steht nun erneut Olaf Glaeseker wegen Bestechlichkeit vor Gericht. Der findet Wulffs Verhalten "verstörend".

Der wegen Bestechlichkeit angeklagte ehemalige Sprecher von Christian Wulff hat sich am zweiten Prozesstag tief enttäuscht von seinem früheren Chef gezeigt. Olaf Glaeseker betonte im Landgericht Hannover am zweiten Prozesstag mehrfach, dass der damalige niedersächsische Regierungschef und spätere Bundespräsident von seiner langjährigen Freundschaft zum Eventmanager Manfred Schmidt gewusst habe. Es sei für ihn sehr "verstörend" gewesen, dass Wulff dies nicht habe bestätigen wollen.

Glaeseker soll Schmidt bei der Sponsorensuche geholfen haben und im Gegenzug Gratis-Flüge und kostenlose Urlaubsreisen erhalten haben. In einer SMS vom 4. Januar 2012, die Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer im Prozess verlas, hatte der damalige Bundespräsident seinem kurz zuvor entlassenen Sprecher geschrieben: "Es nützt dir nichts, wenn ich davon weiß, aber es schadet mir massiv, ich steh hier unter Druck...". Ein von Wulff in der SMS angebotenes späteres Gespräch habe es nie gegeben.

Oberstaatsanwalt Eimterbäumer verlas noch weitere Auszüge aus den die Urlaube betreffenden SMS von Wulff an Glaeseker. "Und ich bin davon ausgegangen, dass du bezahlst", schrieb der damalige Bundespräsident darin. Glaeseker sagte, diese Reaktion sei ihm unverständlich gewesen. "Ich habe Christian Wulff immer so kennengelernt: Wenn er Freunde besucht, dass er bei denen nicht bezahlt."

Ehemaliger Wulff-Sprecher Glaeseker
:"Arbeiter im Weinberg des Herrn"

Christian Wulff sei stets über sein Handeln im Bilde gewesen, sagt Olaf Glaeseker zum Auftakt seines Prozesses, in dem er sich wegen Bestechlichkeit verantworten muss. Der ehemalige Wulff-Sprecher gibt im Gericht aber auch zu, ohne direkten Auftrag gehandelt zu haben.

"Veranstaltung im Landesinteresse"

Glaeseker steht seit vergangenem Montag vor Gericht. Er soll dem mitangeklagten Partyveranstalter Schmidt zwischen 2007 und 2009 bei der Sponsorensuche für die Promi-Sause Nord-Süd-Dialog geholfen haben. "Ich habe es gemacht, weil ich wusste, dass die Veranstaltung im Landesinteresse gewesen war", sagte Glaeseker. Auch Ministerpräsident Wulff habe einzelne Sponsoren angesprochen. Im Gegenzug soll Schmidt Glaeseker zwischen 2007 und 2009 Flüge und Gratis-Urlaube in seinen Häusern in Spanien und Frankreich spendiert haben.

Aus Sicht der beiden befreundeten Angeklagten handelte es sich dabei aber nicht um Bestechung. Vielmehr seien die Urlaube Teil ihrer engen persönlichen Beziehung gewesen. Bei mehreren Aufenthalten in Schmidts Finca waren auch Wulffs erste Ehefrau Christiane und die gemeinsame Tochter Annalena dabei. "Hier ging es in erster Linie um die Unterstützung von Christiane und Annalena im Jahr nach der Ehekrise", sagte Glaeseker.

Wulff muss sich derzeit selbst wegen Vorteilsannahme vor Gericht verantworten. Für Februar ist seine Vernehmung als Zeuge im Glaeseker-Prozess vorgesehen.

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