Auschwitz-Prozess:Anwalt will Freispruch für Ex-SS-Mann Gröning

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Im Prozess gegen den ehemaligen Auschwitz-Buchhalter soll schon am Mittwoch das Urteil fallen. In seinem Schlusswort sagte Gröning: Er habe in Auschwitz "nicht mitmachen" dürfen.

Von Hans Holzhaider

Lüneburg - Im Prozess gegen den ehemaligen SS-Mann Oskar Gröning vor dem Lüneburger Landgericht hat die Verteidigung am Dienstag beantragt, den Angeklagten freizusprechen. Der 94 Jahre alte Gröning ist wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300 000 Fällen im Konzentrationslager Auschwitz angeklagt. Sein Mandant habe keinen Beitrag geleistet, der objektiv den Holocaust gefördert habe, sagte Verteidiger Hans Holtermann.

Gröning war von 1942 bis 1944 in der Häftlingsgeldverwaltung des KZ Auschwitz eingesetzt, hat aber zugegeben, dass er auch mehrmals Dienst an der Rampe getan habe, wo die deportierten Juden zur Ermordung in den Gaskammern selektiert wurden. Er habe dort aber lediglich aufpassen müssen, dass nichts von dem Gepäck, das den Deportierten abgenommen worden war, gestohlen wurde, sagte Holtermann. Er habe nichts dazu beigetragen, die Menschen in die Gaskammern zu treiben. Verurteilt werden könne er aber nur, wenn er durch eine aktive Handlung die Ausführung der Tat gefördert oder erleichtert hätte. "Die bloße Anwesenheit bei der Tatausführung reicht nicht aus." Auch Grönings Tätigkeit beim Zählen und Sortieren des Geldes, das den Ermordeten abgenommen wurde, sei keine Beihilfe zum Massenmord. Die Ausplünderung der Juden sei nur ein Nebeneffekt, nicht der Hauptzweck des Holocaust gewesen.

Im Schlusswort äußert Gröning sein aufrichtiges Bedauern

Falls das Gericht dennoch zu einem Schuldspruch käme, dürfe Gröning nur zur Mindeststrafe von drei Jahren verurteilt werden, forderte Verteidigerin Susanne Frangenberg. Diese Strafe müsse aber als schon verbüßt gelten, weil das Verfahren gegen Gröning rechtsstaatswidrig verzögert worden sei. Gegen Gröning wurde seit 1978 ermittelt. Wenn er schon damals angeklagt worden wäre, "wäre er mit Sicherheit freigesprochen worden", sagte Frangenberg. Zu seinen Gunsten sprächen auch sein Geständnis und sein hohes Alter.

Gröning sagte in seinem Schlusswort, ihm sei bewusst, "dass man in Auschwitz nicht mitmachen durfte". Er bereue aufrichtig, dass er diese Erkenntnis nicht früher und konsequenter umgesetzt habe. "Das tut mir aufrichtig leid", sagte Gröning. Das Gericht will schon am Mittwoch das Urteil verkünden.

© SZ vom 15.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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