Ausbildungsplatzabgabe:Vom Kanzler kommt ein klares Jein

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Der Widerstand wächst weiter: Bei der Anhörung im Bundestag hat sich gezeigt, dass auch Experten mehrheitlich gegen die Umlage sind. Selbst innerhalb der SPD sind die Meinungen gespalten.

Die Fronten im Streit um die Ausbildungsplatzabgabe bleiben auch nach einer Anhörung von Sachverständigen im Bildungsausschuss des Bundestages verhärtet. SPD und Grüne fühlten sich am Freitag in Berlin in ihrer Absicht bestätigt, dass Gesetz noch vor der Sommerpause zu verabschieden. Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte in einer Erklärung: "Die Umlage kommt. Muss aber nicht zum Zuge kommen."

Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) machte in Mainz einmal mehr deutlich, wie wenig er von dem Instrument hält: "Ich lehne ein solches Gesetz ab, weil es zu einer Fehlsteuerung führt."

Jeder zweite Deutsche laut Umfrage gegen Abgabe

Ähnlich sehen das die meisten Deutschen. 59 Prozent der Befragten des ZDF-Politbarometers sind gegen Sanktionen für Unternehmen, die zu wenig Ausbildungsplätze schaffen. Nur 37 Prozent der Befragten unterstützen die geplante Abgabe, berichtete der Sender am Freitag in Mainz. Mittlerweile gebe es selbst bei den Anhängern der SPD keine Mehrheit mehr für die Umlage.

CDU und CSU forderten Rot-Grün auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Die Anhörung habe gezeigt, dass niemand, der in der täglichen Praxis der Ausbildung stehe, den Zwang zu einer Ausbildungsumlage begrüße, sagte die CDU-Bildungspolitikerin Katherina Reiche.

Die Ausschussvorsitzende Ulrike Flach (FDP) sagte: "Die Anhörung wird nichts verändern. Die Fronten sind zugefahren". Das Gesetz sei nur noch mit einem Eingreifen von Schröder oder SPD-Parteichef Franz Müntefering zu stoppen.

Der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss bekräftigte den weiteren Fahrplan von Rot-Grün für die Umsetzung der Ausbildungsplatzabgabe, der die erste Beratung im Bundestag Anfang Mai vorsieht. Mit dem Gesetz sollen Betriebe, die zu wenig ausbilden, gezwungen werden, in einen Fonds einzuzahlen. Daraus sollen dann Betriebe mit höherer Anzahl von Ausbildungsplätzen gefördert werden.

Die Vertreter der Arbeitgeberorganisationen stellten sich in der Anhörung geschlossen hinter den Vorschlag des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) für einen freiwilligen Ausbildungspakt, um das Umlage-Gesetz zu verhindern.

DGB-Chef-Sommer: Glaube nicht mehr an Versprechungen

DGB-Chef Michael Sommer verwies dazu auf frühere Vereinbarungen mit den Arbeitgebern im Bündnis für Arbeit für mehr Ausbildungsplätze, die auch nichts gebracht hätten. "Im Gegenteil: In den vergangenen fünf Jahren ist eine Unmasse an Ausbildungsplätzen verloren gegangen."

"Wer diese Erfahrung macht Jahr für Jahr, der ist nicht bereit, diesen Versprechungen zu glauben", fügte Sommer hinzu. Er sehe im Streit um die Lehrstellenabgabe einen Kompromiss nur dann, wenn dieser auch "in der Realität belastbar" sei.

DIHK-Geschäftsführer Martin Wansleben befürchtet bei einem Umlage- Gesetz eine Verdoppelung der Ausbildungsplatzlücke. "Der Zwang ist Gift für die Ausbildung", sagte er. Die Zahl der fehlenden Ausbildungsplätze wurde in der Anhörung von 35.000 bis weit über 100.000 beziffert. Neben den Gewerkschaftsvertretern plädierten die Sprecher der Jugendverbände und Jugendinstitute für ein Umlage- Gesetz, um das Grundrecht auf Ausbildung und freier Berufswahl durchzusetzen.

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