Ausbau der Stromnetze:Als ob es der Hirschkäfer wäre

Philipp Röslers Herz schlägt für den Netzausbau. Für Kreuzkröten und anderes Getier scheint da leider kein Platz mehr zu sein. Und auch nicht für lästige EU-Umweltvorgaben.

Marlene Weiss

Vor Kreuzkröten musste sogar der Papst weichen. Beim Weltjugendtag 2005 hätte er auf einem künstlichen Hügel bei Bonn sprechen sollen; aber ein Biotop sollte dann doch nicht geopfert werden. So ist es auch oft bei Bauprojekten: Planer ärgern sich, wenn ein paar Hirschkäfer oder Fledermäuse alles verteuern oder verhindern. Aber niemand käme auf die Idee, den Bau etwa von Autobahnen grundsätzlich über Arten- und Naturschutz zu stellen. Manchmal wird eben eine Wildbrücke gebaut. Nur bei Stromtrassen soll es anders sein - sagt Wirtschaftsminister Philipp Rösler.

Für sie möchte er lästige EU-Umweltvorgaben "vorübergehend" außer Kraft setzen. Für das große Ganze muss das Kleine eben mal zurückstecken, heißt das wohl, denn ohne Stromleitungen keine Energiewende.

Man mag ja gelegentlich an Umweltverbänden verzweifeln, die pauschal gegen den Netzausbau wettern - der muss leider sein. Trotzdem hat Rösler unrecht. Denn zähe Bürger, die Stromtrassen überall haben wollen, nur nicht vor ihrer Haustür, sowie Probleme bei der Finanzierung bremsen den Netzausbau viel mehr als der Naturschutz. Trassen dürfen schon heute Schutzgebiete durchqueren, sofern es keine zumutbaren Alternativen gibt und das öffentliche Interesse überwiegt. Falls aber nicht, dann muss die Trasse eben anderswo hin. So ist es, und so sollte es bleiben.

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