Aus von Schwarz-Grün in Hamburg:Scheidung aus Erschöpfung

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Die CDU und die Grünen hatten in der Hansestadt nie so viel gemeinsam, wie sie sich selbst manchmal einredeten. Letztlich reichten für den Bruch zwei umstrittene Themen.

Ralf Wiegand, Hamburg

Es wäre müßig, nun den Kalender abzusuchen nach jenem Tag, an dem die schwarz-grüne Koalition in Hamburg zum Scheitern verurteilt wurde. War es der Tag, an dem das Volk die Schulreform ablehnte, was bei beiden Koalitionspartnern Verletzungen hinterließ? War es der Tag, an dem Bürgermeister Ole von Beust zurücktrat, angeblich gegen ein den Grünen gegebenes Versprechen, diese Legislaturperiode durchzuziehen? Oder war es in der vergangenen Woche, als der Finanzsenator hinwarf und diesen Entschluss den Grünen eine Viertelstunde vor dem Vollzug mitteilte? War Schwarz-Grün vielleicht auch an der Elbe vom ersten Tag an nur ein Hirngespinst?

Die schwarz-grüne Koalition in Hamburg ist gescheitert.  (Foto: dpa)

"Hirngespinst" - das Wort von Kanzlerin Angela Merkel steht seit dem Bundesparteitag der CDU wie in Stein gemeißelt. Zwischen ihrer Union und diesen Grünen wird auf Bundesebene nichts laufen, das wollte sie damit sagen. Es war sicher nicht die Absicht der Hamburger Grünen, mit ihrem Ausstieg aus der einzigen derartigen Koalition auf Länderebene den Worten der Regierungschefin Nachdruck zu verleihen. Aber genau das ist jetzt geschehen.

Das Pilotprojekt an der Elbe, von Berlin gewollt, von den Bürgern ersehnt, mag zwar vor allem aus lokalen Gründen gescheitert sein, wegen einer erodierenden Hamburger CDU zum Beispiel. Aber anders als noch zu Beginn des Bündnisses vor gut zweieinhalb Jahren haben sich auch die Rahmenbedingungen für Schwarz-Grün verändert. Das Interesse an diesem Farbenspiel ist erloschen, stattdessen sind die alten Frontlinien aufgebrochen. Auch deshalb endete die große Geduld der Hamburger Grünen mit dieser Union gerade jetzt.

Die Berliner Atompolitik und Stuttgart 21 - diese beiden Themen reichen aus, um alle schwarz-grünen Phantasien jäh zu beenden. Die neue Eiszeit begann in Stuttgart, wo alles bereit zu sein schien für Schwarz-Grün im Ländle, ehe erst die Bagger und dann die Wasserwerfer am Hauptbahnhof anrollten.

In Düsseldorf reichte die Strahlkraft des modern angestrichenen Bündnisses schon nicht mehr aus, um den Wähler zu überzeugen. In Schleswig-Holstein reiften ebenfalls Pläne, der altmodischen Blockbildung im Land mit einer neuen Koalition zu begegnen. Dort heißt es jetzt: Der Zug ist abgefahren. Den Schutt, der nach dem Hamburger Scheitern bleibt, wird niemand so schnell wegräumen.

Der schwarz-grüne Zauber ist letztlich wohl nur die Illusion einer Politik neuen Stils gewesen. Eine moderne Großstadtpolitik unter Erwachsenen wollten sie machen bei gleichzeitiger Umschiffung aller ideologischen Gegensätze. Der Öko-Chic trug auch die Unternehmersgattin aus Winterhude zum Kreuzchen bei den Grünen. Aber letztlich war diese beinahe ergebnislos endende Koalition nichts anderes als ein immerwährendes Stuttgart 21, ein ewiger Schlichtungsprozess, eine endlose Moderation unterschiedlichster Interessen. Irgendwann geht man erschöpft auseinander.

© SZ vom 29.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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