Auktionshaus versteigert Goebbels-Briefe:Liebesschwur von Hitlers Hetzer

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"Ich würde Dich packen und zwingen mich zu lieben": Teilweise bizarre Briefe und Schriften des NS-Verbrechers Joseph Goebbels sollen demnächst versteigert werden. Holocaust-Überlebende kritisieren die Auktion als Geschäftemacherei.

Das Auktionshaus Alexander Historical Auctions sorgt mit einer Anküdigung weltweit für Aufsehen: Liebesbriefe und Jugendschriften des nationalsozialistischen Propagandaministers Joseph Goebbels sowie zahlreiche weitere Dokumente aus Goebbels' Nachlass, darunter seine Doktorarbeit und mehrere Gedichte, sollen am kommenden Donnerstag in Stamford im US-Staat Connecticut verkauft werden.

Liebesbriefe und weitere Schriftstücke des jungen Joseph Goebbels werden in den USA versteigert. (Foto: N/A)

Die Sammlung umfasst Schriften aus der Jugend des 1897 geborenen Goebbels bis kurz vor seinem Eintritt in die NSDAP im Jahr 1924. Besondere Aufmerksamkeit finden mehr als 100 Briefe aus der Korrespondenz mit Anka Stalherm, seiner ersten großen Liebe. Der Psychiater Peter Gathmann hat in seinem Buch über den "Narziss Goebbels" aus diesen Liebesbriefen zitiert.

Nachdem ihn Anka 1920 verlassen hatte, offenbarte sich der schwülstige und extreme Zug des späteren Propagandaprofis. In seinem letzten Brief an Anka schreibt er: "Wenn ich Dich jetzt bei mir hätte, ich würde Dich packen und zwingen mich zu lieben, und wenn nur für einen Augenblick, und dann machte ich Dich tot."

Diese bizarre Passage liest sich im geschichtlichen Kontext wie ein Hinweis auf das, was später passieren sollte: Kurz vor Kriegsende 1945 brachte sich Goebbels zusammen mit seiner Frau Magda im Führerbunker um. Vorher ermordeten sie ihre Kinder.

Schweizer Unternehmen soll Auktion initiiert haben

Entsprechend lautstark wird die nun zu versteigernde Ware angepriesen. "Man bekommt ein Gefühl dafür, was in seinem Kopf vorging", meint der Leiter des Auktionshauses Alexander Historcial Auctions, Bill Panagopulos. "Man findet eine ganze Menge Informationen, wenn man zu verstehen versucht, wie dieser Mann getickt hat, der später zu einem Wahnsinnigen wurde."

Dem Auktionshaus zufolge vermitteln die Briefe insgesamt den Eindruck eines romantisch veranlagten jungen Mannes, zeigen aber auch erste Anzeichen seines Antisemitismus und eines egozentrischen Verhaltens.

Das Auktionshaus verkauft die Schriftstücke im Auftrag eines ungenannten Schweizer Unternehmens und erwartet einen Erlös von mehr als 200.000 Dollar. Er selbst rechne mit einem persönlichen Gewinn von bis zu 20.000 Dollar und plane eine Spende an eine Gedenkstätte, sagte Auktionator Panagopulos.

Wer profitiert von der Auktion?

Holocaust-Überlebende kritisierten die geplante Versteigerung von Liebesbriefen und Jugendschriften scharf. Das Auktionshaus mache Profit mit Nazi-Memorabilia, sagte der Präsident der Amerikanischen Vereinigung Jüdischer Holocaust-Überlebender und ihrer Nachkommen, Menachem Rosensaft. Die Unterlagen gehörten zur historischen Forschung in ein Archiv, forderte er. Rosensaft befürchtet, dass die Schriften bei der Auktion in die falschen Hände geraten könnten.

Bill Panagopulos, wies Rosensafts Kritik zurück. Neonazis würden solches Material nicht sammeln, zudem seien Museen oft auf Spenden von Ausstellungsstücken angewiesen, die aus solchen Versteigerungen stammten, meinte Panagopulos.

Die Schriftstücke seien von unschätzbarem historischem Wert, denn sie zeigten, wie sich der eher schlichte, schüchterne und liebestrunkene Student Goebbels radikalisiert habe, sagte Panagopulos. "Darin sind die prägenden Jahre der Nummer Zwei im Dritten Reich komprimiert. Des Mannes, der dafür verantwortlich war, die Massen zur bedingungslosen Unterstützung Hitlers zu verleiten."

Alexander Historical Auctions macht seit langem gute Geschäfte mit den Dokumenten ehemaliger NS-Größen. Im vergangenen Jahr hatte das Auktionshaus bereits mit der Versteigerung von Nazi-Dokumenten Aufsehen erregt. Damals standen Briefe von Josef Mengele, dem Lagerarzt im Konzentrationslager Auschwitz, zum Verkauf. Der jüdische Käufer wollte anonym bleiben. "Natürlich haben sie das formale Recht, von solchen Verkäufen zu profitieren", sagte der Vertreter der Holocaustüberlebenden, Rosensaft. "Ich überlasse es anderen zu entscheiden, ob das moralisch ist."

© Süddeutsche.de/dapd/sst/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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