Augenzeugen in Mumbai:"Im Kugelhagel"

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Zwei deutsche Europaparlamentarier konnten sich auf "abenteuerlichen Wegen" aus dem Taj-Mahal-Hotel retten, Urlauber berichten von Szenen wie bei einem Amoklauf. Mit Audio

Die zwei deutschen Politiker, die sich gestern Abend in dem von Terroristen angegriffenen Hotel Taj Mahal aufgehalten hatten, haben die verheerenden Terrorangriffe unbeschadet überstanden. Auch seine Kollegen und Mitarbeiter seien in Sicherheit, sagte der Karlsruher Europaparlamentarier Daniel Caspary (CDU) heute Morgen.

Auf "abenteuerlichen Wegen" konnten zwei deutsche EU-Abgeordnete und ihre Kollegen aus dem brennenden Hotel Taj Mahal fliehen. (Foto: Foto: AP)

Seine SPD-Kollegin Erika Mann allerdings war nach Casparys Angaben "über fünf Stunden lang im Hotel auf der Flucht und musste sich in Sicherheit bringen". Caspary und Mann sind mit einer Delegation des EU-Parlaments in Mumbai.

Auch andere Kollegen seien auf "abenteuerlichen Wegen" aus dem Hotel Taj Mahal entkommen, berichtete Caspary, einige von ihnen "im Kugelhagel". Die Menschen seien durch Küchen und Keller geflohen, in unmittelbarer Nähe habe es Schießereien gegeben. "Wir alle sind vom Ausmaß der Gewalt extrem überrascht", fügte Caspary hinzu. Wann die EU-Delegation Indien verlassen könne, sei noch unklar.

Auch der britische Europaabgeordnete Sajjad Karim erlebte den Überfall hautnah mit: "Ich war in der Lobby des Hotels. Plötzlich wurde draußen überall geschossen", berichtete Karim. Dann sei ein Mann mit einem Maschinengewehr vor ihm aufgetaucht. "Er begann auf uns zu schießen. Ich drehte mich um und bin in die entgegengesetzte Richtung gerannt."

"Alles erschossen, was sie vor die Flinte gekriegt haben"

Ein deutscher Urlauber, dessen Hotel direkt gegenüber des Hotels Taj Mahal liegt, hat die Terroristen gestern gesehen. "Die haben auf dem Weg zum Taj-Hotel erschossen, was sie vor die Flinte gekriegt haben", sagte der Tourist Oliver, der seinen Nachnamen nicht nennen wollte, heute Morgen dem Sender You FM aus Frankfurt am Main. "Das war wie im Film: Männer mit Kapuzen, Patronengürteln und riesigen Maschinengewehren." Die ganze Nacht über habe er Schüsse und Explosionen gehört, seit dem Morgen sei es ruhig.

Eine Delegation von spanischen Politikern ist den Anschlägen knapp entgangen. Die Chefin der Regionalregierung von Madrid, Esperanza Aguirre, wurde im Hotel Oberoi von einem Kugelhagel überrascht und ging hinter der Rezeption auf dem Boden in Deckung.

Die Politikerin rief nach spanischen Presseberichten ihren Begleitern zu: "Wir müssen hier raus, sonst werden wir mit Kugeln durchsiebt!" Aguirre konnte mit ihren Begleitern durch die Hotelküche in ein Nachbargebäude flüchten. Andere Mitglieder der spanischen Delegation versteckten sich hinter einer Kaimauer, bis sie mit Autos in Sicherheit gebracht wurden.

Auch im australischen Fernsehen haben mehrere Augenzeugen von dem Terror in der indischen Metropole Mumbai berichtet. Die Schauspielerin Brooke Satchwell hielt sich in dem Luxushotel Taj Mahal auf, als es von Terroristen gestürmt wurde. Sie habe sich mit sechs anderen Gästen in den Toiletten eingeschlossen, als in der Lobby die Schießerei ausgebrochen war, berichtete sie.

"Es war schrecklich, da ist auf den Fluren auf die Leute geschossen worden, vor den Waschräumen lag eine Leiche", berichtete die 28-jährige Australierin, die in der Serie "Neighbours" mitspielt. "Wir waren zu sechst in den Waschräumen. Die Leute schlossen sich in den Toiletten ein." Sie selbst sei in einem kleinen Schrank gekrochen, berichtete sie.

"Sie sahen aus wie kleine Jungs"

Zwei australische Urlauber waren im Café Leopold, als die islamistischen Attentäter dort eindrangen und wahllos um sich schossen. Kate Anstee (24) wurde im Unterschenkel von einer Kugel getroffen, berichtete ihr Freund David Coker (23) am Donnerstag einem australischen TV-Sender.

Die sehr jungen Attentäter hätten im Leopold Café das Feuer aus Schnellfeuergewehren eröffnet. "Sie sahen aus wie kleine Jungs. Das war ein Amoklauf", sagte Coker. "Wir hatten gerade bestellt und dann hörte es sich an, als würden Feuerwerkskörper losgehen", berichtete der Student. "Die Leute schrien, dann sah ich Kate aus der Tür kriechen, weil sie nicht laufen konnte." Anstee und Coker hatten vor kurzem Examen gemacht und wollten elf Wochen durch Indien, Europa und die USA reisen. Sie waren erst am Mittwoch in Mumbai angekommen.

© dpa/AFP/AP/liv/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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