Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz:Deutschland fordert stärkere Armeen in Europa

"Die Bundeswehr kann kämpfen und führen": Bei der Münchner Sicherheitskonferenz betont Verteidigungsminister de Maizière die Leistung der deutschen Soldaten - und sieht die EU-Länder in der Pflicht. Sie sollen selbst für ihre Sicherheit sorgen.

Paul-Anton Krüger

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière hat die Europäer aufgefordert, mehr Verantwortung für ihre eigene Sicherheit und in ihrer "unmittelbaren Nachbarschaft" zu übernehmen. "Dafür müssen wir noch mehr in die Waagschale werfen", sagte er am Freitagnachmittag zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz.

48. Münchner Sicherheitskonferenz

Europa müsse selbst für seine Sicherheit sorgen, forderte Verteidigungsminister Thomas de Maizière zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz.

(Foto: dpa)

Der Verteidigungsminister bezog sich damit sowohl auf die neue Ausrichtung der US-Sicherheitsstrategie auf Asien und die Pläne der Regierung in Washington, ihre in Europa stationierten Truppen deutlich zu reduzieren, als auch auf die schwierige Haushaltssituation in den europäischen Staaten. Wie die Europäer mit dieser Herausforderung umgingen, sei entscheidend für die Zukunft der Nato und der Europäischen Union.

De Maizière sprach auch über die Anstrengungen Deutschlands und der Bundeswehr: "Wir brauchen unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen." Die Bundeswehr könne kämpfen und führen. Schon längst übernehme Deutschland mehr internationale Verantwortung, als es manchen Bürgern zu vermitteln sei. So seien seit 1991 mehr als 300.000 deutsche Soldaten im Auslandseinsatz gewesen.

Nato-Allianz hat Vorrang

De Maizière machte deutlich, dass er einer engeren Zusammenarbeit mit den europäischen Nato-Mitgliedern in der Allianz Vorrang geben will vor der Schaffung neuer Strukturen in der EU. Die gemeinsame Verteidigungspolitik der EU bleibe "noch weit hinter ihren Möglichkeiten zurück". Man solle diese einlösen, bevor man neue Ankündigungen mache, Doppelstrukturen aufbaue oder neue Institutionen schaffe.

Der Verteidigungsminister sagte, Europas Streitkräfte müssten leistungsfähiger und durchhaltefähiger werden - eine Forderung, die immer wieder US-Politiker erheben. Dazu müssten die Europäer ihre Verteidigung stärker gemeinsam organisieren, militärische Fähigkeiten teilen und Rüstungsgüter gemeinsam beschaffen. Das bringe aber Abhängigkeiten mit sich, die nicht alle Länder bereit seien einzugehen, obwohl dies ein "Nachweis von Vertrauen und ein Zeichen der Stärke" wäre. Die Haltung Deutschlands zu der von der Nato geführten Intervention in Libyen hatte allerdings bei großen europäischen Verbündeten wie Frankreich und Großbritannien Zweifel ausgelöst, wie zuverlässig Deutschland politisch ist - eine entscheidende Frage, wenn Kernfähigkeiten der Streitkräfte geteilt werden sollen.

De Maizière kündigte zudem an, das umstrittene Raketenabwehrsystem der Nato werde im Mai in Betrieb gehen. Bis zum Gipfel der Allianz im Mai in Chicago solle "eine begrenzte Einsatzbereitschaft" erreicht werden. Zugleich wiederholte de Maizière die Einladung an Russland, sich an dem Raketenschirm zu beteiligen und den Streit mit den USA beizulegen. "Wir setzen darauf, dass wir das Abwehrsystem gemeinsam mit Russland auf den Weg bringen", betonte der Minister. Bis zum Gipfel sollte es möglich sein, "ein Signal" für konkrete Vereinbarungen zu geben.

Kein übereilter Abzug aus Afghanistan

Wie de Maizière wandte sich auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Rande der Konferenz gegen einen übereilten Abzug der Nato aus Afghanistan. Es sei eine "verantwortungsvolle Übergabe in der Sicherheitszuständigkeit" an die afghanischen Sicherheitskräfte nötig. Schließlich gehe es "darum, dass Afghanistan nicht wieder zu einem sicheren Hafen für den Terrorismus in der Welt werden kann". Er fügte hinzu: "Wir haben in der internationalen Gemeinschaft einen Fahrplan vereinbart." Zwar seien dabei Spielräume denkbar. Entscheidend sei aber, "dass die Sicherheitslage und die Fortschritte vor Ort unser wichtigstes Kriterium sind". Darauf lege Deutschland "großen Wert".

Zu den Verhandlungen im UN-Sicherheitsrat über eine Syrien-Resolution sagte Westerwelle, er hoffe, dass die Gespräche auf der Sicherheitskonferenz vorangebracht werden könnten. Russlands Außenminister Sergej Lawrow nimmt ebenfalls an dem Treffen teil. Moskau hat bislang jeden Beschluss des Rates verhindert.

Die Verhandlungen in New York waren zuvor erneut ergebnislos vertagt worden. Der neue Entwurf, der als Zugeständnis an Russland deutlich abgeschwächt worden war, soll nun zunächst an die Hauptstädte zur Beratung zurücküberwiesen werden. Diplomaten zeigten sich aber zuversichtlich, dass es bald eine Einigung geben könnte. So sagte der chinesische UN-Botschafter Li Baodong: "Wir sind nahe dran, aber noch nicht angekommen."

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