Aufstand in Syrien:Hacker attackieren Websites des syrischen Regimes

Die Opposition in Syrien erhält Unterstützung aus der Hacker-Szene: Aktivisten haben die Webseiten verschiedener Ministerien geknackt - und unter anderem eine Karte mit Opferzahlen veröffentlicht. Scharfe Kritik am Vorgehen von Präsident Assad gegen die Protestbewegung kommt derweil von einem einstigen Verbündeten.

Das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad gerät auch im Internet zunehmend unter Druck: Online-Aktivisten haben mehrere Webseiten syrischer Behörden geknackt. Zu der Aktion bekannten sich laut einem Bericht von Al-Dschasira die Gruppen Anonymous und RevoluSec.

Aufstand in Syrien: In einer Straße von Damaskus ist ein Porträt des syrischen Präsidenten Assad zu sehen. Das syrische Regime ist nun selbst Opfer von Hackerangriffen geworden.

In einer Straße von Damaskus ist ein Porträt des syrischen Präsidenten Assad zu sehen. Das syrische Regime ist nun selbst Opfer von Hackerangriffen geworden.

(Foto: AP)

Die Aktivisten platzierten auf den Webseiten Comics, die Staatschef Assad verhöhnten. Außerdem war auf den Seiten folgende Botschaft zu lesen: "Lass Dich nicht von Baschar online beobachten!" Mit der Aktion wollten die Hacker ihre Unterstützung der syrischen Protestbewegung zum Ausdruck bringen, erklärte ein Mitglied von RevoluSec dem Sender Al-Dschasira. "Wir wollen alles tun, um unsere Brüder und Schwestern in Syrien bei ihrem Kampf für ihre Menschenrechte zu unterstützen."

Ebenfalls attackiert wurden die Webseiten meherer syrischer Städte, unter anderem von Homs, Aleppo, Latakia und Damaskus, wo Assad mehrfach Proteste blutig niederschlagen ließ. Die Hacker platzierten auf diesen Seiten eine interaktive Landkarte mit den Daten zu den Opferzahlen, die während der blutigen Unterdrückung der Proteste starben. Seit Beginn des Aufstands gegen das Assad-Regime seien demnach 2316 Oppositionelle ums Leben gekommen.

Die Online-Offensive dürfte auch eine Antwort auf die Netzstrategie von Präsident Assad sein: Der beauftragte in der Vergangenheit immer wieder Hacker, um in Webseiten der Opposition einzudringen. Beobachter gehen auch davon aus, dass der syrische Geheimdienst durch elektronische Lauschangriffe im Internet die persönlichen Daten von Oppositionellen und Aktivisten abfischt, um bei seinen Unterdrückungsmaßnahmen darauf zurückzugreifen.

Die syrische Armee setzte derweil ihr brutales Vorgehen gegen die Regierungsgegner fort. Syrische Aktivisten im Libanon berichteten von einer Verstärkung der Truppen in Duma, einem Vorort von Damaskus und an der Grenze zum Libanon. Mindestes sieben Zivilisten seien bei Protesten am Wochenende getötet worden, berichteten Aktivisten. In Syrien verlangen seit mehr als sechs Monaten Tausende Demonstranten ein Ende des Assad-Regimes.

Erdogan bezichtigt Assad der Lüge

Für die syrische Protestbewegung kommt nun auch Unterstützung aus der Türkei: Schon in den kommenden Tagen werde die syrische Opposition eine offizielle Repräsentanz in der Türkei eröffnen können, kündigte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan auf dem Heimflug von der UN-Vollversammlung in New York an.

Der türkische Premier distanzierte sich deutlich von seinem einstigen Verbündeten: Erdogan warf Assad laut Presseberichten vor, ihn mit Blick auf Reformversprechen "ständig angelogen" zu haben. So habe Assad gesagt, es gebe 83 politische Gefangene in Syrien, obwohl es Tausende seien. Auch habe Assad versprochen, den Ausnahmezustand aufzuheben, dann aber die Hafenstadt Latakia vom Meer her beschießen lassen. Von der angekündigten Zulassung politischer Parteien könne ebenfalls keine Rede sein.

Erdogan bekräftigte laut den Berichten, die Türkei werden weiterhin Waffenlieferungen an Syrien unterbinden. Weitere Sanktionen würden geprüft. Vergangene Woche hatten türkische Behörden ein Schiff mit Waffen für Syrien gestoppt. Erdogan will bald die türkischen Auffanglager für syrische Flüchtlinge in der südtürkischen Provinz Hatay besuchen.

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