Aufstand in Syrien:Sicherheitskräfte schießen auf Demonstranten

"Verschwinde": Unter diesem Motto haben Regierungsgegner in Syrien erneut Massenproteste abgehalten. Mehrere Menschen sollen dabei getötet worden sein. Außenminister Westerwelle will den deutschen Vorsitz im UN-Sicherheitsrat dazu nutzen, um Druck auf Präsident Assad auszuüben.

Bei Übergriffen der Armee in Syrien sind an diesem Freitag Menschenrechtlern zufolge mindestens sechs Zivilisten getötet worden. Drei Menschen seien in der Nacht bei Panzerangriffen in Dörfern nahe der Grenze zur Türkei umgekommen, berichtete eine syrische Menschenrechtsgruppe. Auch in der zentralen Stadt Homs seien drei Demonstranten erschossen worden.

A Syrian refugee boy shouts slogans during a protest against Syrian President Bashar al-Assad at a refugee camp in the Turkish border town of Yayladagi

Syrische Flüchtlinge demonstrieren in der Türkei nahe der Grenze zu ihrer Heimat gegen Präsident Baschar al-Assad. Aus Syrien selbst gibt es keine verifizierten Bilder, da Journalisten kaum Zugang zu den Protestgebieten haben.

(Foto: REUTERS)

Nach den Freitagsgebeten waren nach Agenturberichten landesweit wieder Zehntausende Menschen gegen Staatschef Baschar al-Assad auf die Straße gegangen. Seit Monaten demonstrieren viele Syrer gegen den Diktator - dieser soll mit brutaler Härte gegen die Proteste vorgehen. Menschenrechtlern zufolge soll Assad bereits 1300 Zivilisten getötet. Die Truppen sind mittlerweile bis zur türkischen Grenze vorgerückt, Tausende Syrer sind in das Nachbarland geflohen.

Die Lage in dem Land ist unübersichtlich, da das Regime von Präsident Assad ausländische Berichterstattung nur begrenzt zulässt, unabhängige Bestätigung für die Informationen gibt es deshalb kaum.

Nach Angaben eines Regierungsgegners sollen sich in der Stadt Hama nach mehr als 200.000 Menschen zu Protesten gegen das Regime versammelt haben. Der Demonstrationszug habe sich über "mehr als einen Kilometer" erstreckt. Sicherheitskräfte seien hier zunächst keine zu sehen gewesen, berichtete der Augenzeuge weiter. Die Proteste standen diesmal unter dem Motto "Verschwinde".

Die Region rund 60 Kilometer nördlich von Hama ist seit Dienstag Schauplatz einer Militäroffensive. Nach Angaben des Leiters der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London, Abdel Rahmans, wurden im Dorf El Barra eine Frau von einem Heckenschützen und ein Mann von Sicherheitskräften erschossen. In dem benachbarten Dorf Bnin habe es ein drittes Todesopfer gegeben. Die Menschenrechts-Beobachtungsstelle hatte am Donnerstag berichtet, dass sich zwei Militärkolonnen von insgesamt 60 Panzern und hundert Truppentransportern von El Barra in Richtung der Dörfer Kfar Nabl und Kansafra bewegten.

Für mehr internationalen Druck auf das syrische Regime will sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle einsetzen. Dafür wolle Deutschland den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat nutzen, der an diesem Freitag begonnen hat: "Wir wollen, dass auch die Übergriffe in Syrien eine gemeinsame internationale Antwort finden. Hier gibt es noch erhebliche Widerstände gegen eine gemeinsame Resolution im Sicherheitsrat." Damit meint Westerwelle vor allem die beiden Ratsmitglieder China und Russland. Sie sperren sich gegen eine Syrien-Resolution.

Immerhin weiß Westerwelle die USA auf seiner Seite: Deren Außenministerin Hillary Clinton forderte den syrischen Staatschef nachdrücklich zu demokratischen Reformen auf. "Es steht absolut fest: Die Zeit für die syrische Regierung wird knapp", sagte Clinton bei ihrem Besuch in der litauischen Hauptstadt Vilnius. Sie hätten vor allem die ie jüngsten Berichte entsetzt, dass Sicherheitskräfte Demonstranten geschlagen und mit Messern attackiert hätten, sagte Clinton weiter. Die Entscheidung der Führung in Damaskus, ein Treffen der Opposition zuzulassen, sei für einen demokratischen Prozess unzureichend. Es müssten ein umfassender Dialog mit den Regimegegnern und friedliche Demonstrationen erlaubt werden.

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