Gewalt in Syrien:Paris und London fordern UN-Resolution

Seit Wochen geht das Assad-Regime gewaltsam gegen Proteste vor, Flüchtlinge sprechen von Krieg. Frankreich und Großbritannien bringen nun im Weltsicherheitsrat eine Resolution gegen Syrien ein. "Sollte jemand dagegen sein, sollte das sein Gewissen belasten", betonte der britische Premier Cameron.

Großbritannien und Frankreich bringen im Weltsicherheitsrat eine Resolution gegen Syrien ein, mit der das gewaltsame Vorgehen von Präsident Baschar el-Assad gegen die Protestbewegung verurteilt werden soll. Das kündigte der britische Premierminister David Cameron an.

A pro-Syrian President Bashar al-Assad supporter, who rallied to a Facebook call to sit-in to support the army at Arnous square, carries his picture in Damascus

Regierungsanhänger halten in Damaskus ein Bild von Präsident Baschar el-Assad hoch: Seit Wochen geht dessen Regime brutal gegen kritische Proteste vor.

(Foto: REUTERS)

Cameron sagte, im Mittelpunkt des Entwurfs stünden die Forderung nach Rechenschaft und humanitäre Aktion. "Sollte jemand gegen diese Resolution sein oder versuchen, sie mit einem Veto zu blockieren, sollte das sein Gewissen belasten", sagte er. Russland und China könnten als ständige Sicherheitsratsmitglieder die Resolution blockieren.

Der französische Außenminister Alain Juppé hatte bereits zu Wochenbeginn die Absicht seiner Regierung bekräftigt, im UN-Sicherheitsrat eine Resolution gegen die syrische Regierung zu erreichen. Assad habe "seine Berechtigung verloren, dieses Land zu regieren", sagte Juppé. "Es ist unverständlich für uns, wie die Vereinten Nationen eine solche Situation schweigend hinnehmen können."

Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Portugal hätten eine Resolution entworfen, die Syrien für die Tötung und Folterung friedlicher Demonstranten verurteilt. Das Papier verlangt von Damaskus unter anderem, umgehend das brutale Vorgehen gegen Demonstranten einzustellen. Anders als im Fall von Libyen schlägt die Resolution kein militärisches Vorgehen oder Sanktionen gegen Damaskus vor, berichtet der britische Sender BBC.

Verwundete fliehen aus Syrien - "Das ist Krieg"

Das syrische Regime versucht mit brutaler Gewalt, die seit Wochen anhaltenden Proteste gegen Präsident Assad zu ersticken. Bislang kamen bei den Unruhen nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen mehr als 1300 Menschen ums Leben. Viele Menschen sind auf der Flucht. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat den Flüchtlingen aus Syrien nun eine offene Grenze versprochen. Zugleich forderte er Assad erneut zu schnellen politischen Veränderungen auf. Das berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu.

Insbesondere die syrische Kleinstadt Dschisr al Schughur ist in den vergangenen Tagen wiederholt Ziel von Angriffen von Regierungstruppen geworden. Flüchtlinge aus der Stadt erheben schwere Vorwürfe gegen das Militär. Es habe Hubschrauber-Angriffe, Razzien und Misshandlungen durch Soldaten gegeben, berichteten Verwundete, die aus der Stadt in die benachbarte Türkei geflohen sind.

Die Flüchtlinge sprachen von schrecklichen Ereignissen in ihrem Ort. "Das ist Krieg", sagte einer von ihnen der Nachrichtenagentur dpa in einem Telefoninterview. Seinen Namen wollte er aus Angst vor Repressalien gegen seine Familie nicht nennen. Eine unabhängige Berichterstattung über die Lage in Syrien gestaltet sich schwierig, da Assads Regierung ausländische Journalisten nicht zulässt.

Begonnen habe die Gewaltorgie am vergangenen Freitag, sagte der syrische Familienvater, der im staatlichen Krankenhaus der türkischen Stadt Antakya wegen einer Schussverletzung an einer Hand behandelt wurde. Nach einem Begräbnis für einen Regimegegner habe die Armee plötzlich von Hubschraubern aus auf die Bewohner der Stadt geschossen. Am Samstag seien dann Soldaten einmarschiert.

"Sie verwüsteten die Häuser, schlugen die Frauen, überall wurde geschossen." Am Sonntag sei es ihm gelungen zu fliehen. Er habe sich in einem Auto versteckt und über die Grenze in die türkische Provinz Hatay bringen lassen. "Über den Grenzübergang konnte ich nicht fahren, wenn die Soldaten meine Verletzung gesehen hätten, dann hätten sie mich sofort erschossen", sagte er.

Hinweise auf Meuterei in der syrischen Armee

Nach Angaben des staatlichen Fernsehens wurden in Dschisr al-Schogur am Montag 120 Angehörige der Sicherheitskräfte von bewaffneten Banden getötet. Oppositionelle und Menschenrechtsaktivisten hingegen sprachen von einer Meuterei in der Armee. Eine unabhängige Bestätigung dafür gab es nicht.

Ein Anwohner erklärte, etliche Soldaten hätten gemeutert, weil sie das verbrecherische Verhalten der "Schabiha"-Milizen nicht länger dulden wollten. Die Milizionäre hätten zuvor die Bewohner terrorisiert und versucht, Konflikte zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften zu schüren. Zwar ist die Mehrheit der Bewohner der Stadt sunnitisch, doch auch Alawiten und Christen leben dort.

Für viele Syrer sind die "Schabiha"-Milizen furchteinflößender als die Regierungstruppen. Sie sollen besonders brutal vorgehen. Die meisten Mitglieder dieser Miliz gehören den Alawiten an, wie auch Präsident Assad und der größte Teil der Führungselite des Landes.

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