Aufstand gegen Assad:EU-Staaten sind gegen Waffenlieferungen an syrische Opposition

Die EU-Außenminister diskutieren über eine Verlängerung der Sanktionen gegen Syrien. Nicht alle sind dafür, das Öl- und Waffenembargo fortzusetzen - Großbritannien will die Opposition unterstützen. Doch laut UN-Experten gibt es keine Alternative zu einer friedlichen Lösung.

Die große Mehrheit der EU-Staaten lehnt die von Großbritannien befürwortete Aufhebung des Waffenembargos gegen die syrischen Rebellen nach wie vor ab. Mehrere Außenminister warnten bei einem Treffen in Brüssel davor, mit einem solchen Schritt eine politische Lösung des Konflikts zu torpedieren. "Eine Aufhebung des Waffenembargos würde lediglich zu einem Aufrüstungswettlauf in Syrien führen, das wiederum hätte eine weitere Eskalation der Gewalt mit vielen, vielen weiteren Opfern zur Folge", sagte Außenminister Guido Westerwelle.

Sämtliche Sanktionen gegen das Regime unter Präsident Baschar al-Assad, so etwa das Waffen- und Ölembargo, enden zum 1. März. Die britische Regierung setzt sich dafür ein, das Lieferverbot gegenüber der oppositionellen Syrischen Nationalkoalition aufzuheben. "Es ist auch wichtig, das Waffenembargo so anzupassen, dass wir der Koalition eine breitere Unterstützung geben können", hatte Außenminister William Hague gesagt. Die Briten wollen die Opposition zwar nicht aktiv bewaffnen, ihr aber den Zugang zu Waffenlieferungen erleichtern.

Diskutiert wird auch, ob militärische Ausrüstung, wie Schutzwesten oder Nachtsichtgeräte, explizit in die Liste der freigegebenen Güter aufgenommen werden sollte. Auch Frankreich und Belgien lassen Sympathie für die britische Haltung durchblicken. Doch die große Mehrheit sei wie Deutschland dagegen, sagten mehrere EU-Diplomaten.

So warnte der schwedische Außenminister Carl Bildt davor, die Bemühungen des internationalen Sondergesandten Lakhdar Brahimi um eine friedliche Lösung zu untergraben. "Wenn wir Schritte machen, die den Sicherheitsrat noch tiefer spalten, verlängert das de facto den Konflikt und spielt kurzfristig dem Regime in die Hände", sagte er. Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sind Sanktionen gegen Syrien bisher am Veto Chinas und Russlands gescheitert.

Der dänische Außenminister Villy Sovndal sagte, die EU müsse den Druck auf Russland oder den Iran, die Waffen an Syrien liefern, aufrecht erhalten. Bei einer Lockerung des Embargos würde sie ihre eigene Position nur schwächen. In dem seit fast zwei Jahren tobenden Kampf zwischen Rebellen und dem Assad-Regime sind nach UN-Schätzungen bereits 70.000 Menschen getötet worden, Hunderttausende sind auf der Flucht.

UN-Experten: Syrien-Konflikt ist militärisch nicht lösbar

Im syrischen Bürgerkrieg gibt es auch nach Ansicht von UN-Experten keine militärische Lösung. Das geht aus einem in Genf veröffentlichten Bericht einer unabhängigen Syrien-Kommission hervor, die vom UN-Menschenrechtsrat berufen worden war. Darin heißt es: "Es gibt keine Alternative zu einer friedlichen Lösung."

Es sei daher die gemeinsame Verantwortung der internationalen Gemeinschaft und der direkt an dem Krieg Beteiligten, nach einer friedlichen Beilegung zu suchen. Die Durchsetzung einer Waffenruhe und die Beendigung der massenhaften Verletzungen von Menschenrechten durch Regierungstruppen wie auch durch die bewaffnete Opposition seien "von überragender Bedeutung", erklärte die Kommission unter Leitung des brasilianischen Diplomaten Paulo Pinheiro.

Die Expertengruppe ruft den UN-Menschenrechtsrat zugleich auf, sich für die Verfolgung und Bestrafung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien stark zu machen. Dazu wird der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, im März eine vertrauliche Liste mit Namen und Einheiten übergeben, denen derartige Verbrechen angelastet werden.

Die Expertengruppe wirft - wie schon in früheren Lageberichten - den Truppen des Assad-Regimes, aber auch regierungsfeindlichen Gruppierungen zahlreiche Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Von beiden Seiten seien Morde, Folter, Vergewaltigungen und Angriffe auf Zivilisten begangen worden. Der Kommission gehört seit einigen Wochen auch Carla del Ponte an, die Ex-Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien.

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