Aufstände und ihre Namen:Ein bunter Strauß Revolutionen

Rosen, Tulpen, Nelken: Kaum gibt es einen Aufstand, schon hat er einen blumigen Namen. Nach der Jasmin-Revolution in Tunesien bekommt vielleicht auch Ägypten bald eine Symbolpflanze, sollte es dort zum Umsturz kommen. Ein Überblick.

Lilith Volkert

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Crowds Rally In Tahrir Square As Mubarak Addresses Egypt

Quelle: Getty Images

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Rosen, Tulpen, Nelken: Kaum bricht eine Revolution aus, schon hat sie einen blumigen Namen. Neben Pflanzen bieten sich auch Farben als Symbol an - oder ein flauschiger Stoff.

In Ägypten protestieren Hunderttausende gegen ihre Regierung, viele Demonstranten wollen - nach tunesischem Vorbild - den seit fast 30 Jahren regierenden Präsidenten Hosni Mubarak aus dem Amt jagen. Sollte es wirklich so weit kommen, bräuchten die Ägypter nicht nur ein neues Staatsoberhaupt, sondern schnell auch ein Symbol für ihren Volksaufstand. Revolutionen, vor allem wenn sie weitgehend friedlich geblieben sind, werden gerne mit blumigen Namen bedacht.

TUNISIA-POLITICS-UNREST

Quelle: AFP

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Nach wochenlangen Protesten in Tunesien trat der Diktator Zine el-Abidine Ben Ali am 14. Januar 2011 zurück und floh ins Ausland, das Volk jubelte. Schon bald sprach man halb ironisch von der "Jasmin-Revolution". Als sich Ben Ali im November 1987 ins Präsidentenamt geputscht hatte, hat er diese Privatrevolution ebenfalls nach der kleinen weißen Blume benannt, die in tunesischen Vorgärten wächst und für Reinheit, Lebensfreude und Toleranz steht. Der Name "Jasmin-Revolution" wird vor allem von europäischen Medien gebraucht. In Tunesien widmet man den Volksaufstand auch dem Medium, das ihn erst möglich gemacht hat und spricht von einer "Facebook-Revolution".

Alvaro Cunhal kehr nach Portugal zurück, 1974

Quelle: AP

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Unblutiger Putsch in Portugal: Mehr als 40 Jahre Diktatur gingen am 25. April 1974 mit der "Nelken-Revolution" zu Ende, der Diktator Marcello Caetano wurde in die Wüste geschickt. Die Putschisten riefen die Bevölkerung dazu auf, vorerst in ihren Häusern zu bleiben. Den Bewohnern von Lissabon war das egal, sie liefen auf die Straße, um die Soldaten begeistert zu empfangen. Viele Frauen steckten ihnen Nelken in die Gewehrläufe und gaben der Revolution so ihren Namen. Die rote Blume wurde während der Französischen Revolution gerne von Adeligen auf dem Weg zur Guillotine getragen, im 19. Jahrhundert war sie ein Symbol der Arbeiterbewegung.

Anhänger der Oppositionsparteien demonstrieren

Quelle: AFP

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"Wir werden Rosen statt Kugeln auf unsere Feinde werfen", hat der erste Präsident Georgiens, Swiad Gamsachurdia, einmal gesagt. Daran erinnerten sich die Anhänger der Opposition, als sie im November 2003 das Parlament in der Hauptstadt Tiflis besetzten und den langjährigen Präsidenten Eduard Schewardnadse - ohne Gewalt - zum Rücktritt zwangen. Kurz darauf wurde Michail Saakaschwili zum neuen Regierungschef gewählt. Heute ist der Held der "Rosen-Revolution" ein "lupenreiner Demokrat" nach russischem Vorbild, er ist bekannt für seinen autoritären Führungsstil. Die Rose gilt weltweit als Symbol der Liebe und Zuneigung - und nur in Georgien als Wurfgeschoss.

Kirgisische Opposition dringt in Regierungsgebäude ein, 2005

Quelle: dpa/dpaweb

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Nach Wahlfälschungen brachten Massenproteste in Kirgistan die Regierung zu Fall. Eine russische Zeitung gab den Unruhen im März 2005 den wohl jahreszeitlich bedingten Namen "Tulpen-Revolution". Die Tulpe steht nicht nur für Leben und Fruchtbarkeit, sondern auch für Leichtsinn und Sorglosigkeit. Der Beweis, dass man bei der Wahl eines Symbols für den Machtwechsel nicht vorsichtig genug sein kann, folgte fünf Jahre später. Kurmanbek Bakijew, der durch die Revolution an die Macht gelangt war, wurde im April 2010 wieder gestürzt - ebenfalls zur Tulpenzeit.

Ukrainer demonstrieren für Präsidentschaftskandidat Viktor Juschtschenko, 2004

Quelle: AP

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Warme Farbe für kalte Proteste: Die Anhänger des ukrainischen Oppositionellen Viktor Juschtschenko trugen bei ihren Demonstrationen im November 2004 orangefarbene Kleidung und schwenkten orangefarbene Fahnen. Sie protestierten gegen eine gefälschte Wahl, die kurz darauf annulliert wurde, Juschtschenko wurde Präsident. Dass die Farbe Orange für Stärke und Aktivität steht, merkt man auch noch Jahre nach der "Orangefarbenen Revolution": Der Streit zwischen den Parteien dauert an. Trotzdem ist die Ukraine demokratisch geblieben. Anfang 2010 wurde Präsident Juschtschenko wieder abgewählt - und er ist tatsächlich gegangen.

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Quelle: AP

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Birma (Myanmar) wird seit 1962 von einem Militärregime regiert, auch die "Safran-Revolution" im September 2007 konnte daran nichts ändern. Buddhistische Mönche in safrangelben und (eigentlich zumeist) roten Kutten führten die friedlichen Protestmärsche an - sie wurden mit Gewalt niedergeschlagen. Safran ist einer der ältesten bekannten Farbstoffe und zugleich das teuerste Gewürz der Welt.

15. Jahrestag der Samtenen Revolution in Prag

Quelle: picture-alliance / dpa/dpaweb

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Im November 1989 macht die "Samtene Revolution" dem kommunistischen Regime in der Tschechoslowakei ein Ende. Weil es dabei friedlich zuging, wurde der vom späteren Präsidenten Vaclav Havel angeführte Aufstand nach dem flauschigen Stoff benannt. Aus Samt - auch Velours oder Plüsch genannt - wurden früher Prunkgewänder hergestellt, heute kommt der Stoff vor allem als Theatervorhang zur Geltung. Auch die Tschechoslowakei betrat bald wieder mit einer ungewöhnlichen Darbietung die europäische Bühne: Drei Jahre nach der Revolution teilte sich das Land - wieder friedlich - in Tschechien und Slowakei.

15. Jahrestag der Samtenen Revolution in Prag.

© sueddeutsche.de/leja/boen
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