Aufregung um Doppelagent beim BND:CIA-Chef ruft im Kanzleramt an

Versuch der Schadensbegrenzung? CIA-Chef Brennan hat direkt mit dem Kanzleramt Kontakt aufgenommen, wie Kanzlerin Merkel bestätigt. Gleichzeitig wird bekannt, dass der US-Geheimdienst Präsident Obama wesentliche Informationen verschwiegen haben soll - und das zu einem heiklen Zeitpunkt.

  • Angela Merkel bestätigt, dass CIA-Chef Brennan in der Spionageaffäre um einen Doppelagenten beim Bundesnachrichtendienst (BND) Kontakt mit dem Kanzleramt aufgenommen hat.
  • Die CIA hat Präsident Obama über den Fall des Spitzels beim BND nicht informiert, schreibt die New York Times.
  • CDU-Außenpolitiker Röttgen warnt bei einem Washington-Besuch vor einer dauerhaften Schädigung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses.

Bericht über Telefonat zwischen CIA-Chef und Kanzleramt

Wegen der Spionageaffäre beim Bundesnachrichtendienst (BND) ist der Chef des US-Geheimdienstes CIA, John Brennan in Kontakt mit dem Kanzleramt getreten. Das bestätigte Angela Merkel am Rande einer Veranstaltung in Berlin: "Ich kann bestätigen, dass es dazu Gespräche durchaus gibt, aber über Ergebnisse kann ich nichts sagen." Spiegel Online berichtete, Brennan habe mit Geheimdienstkoordinator Klaus-Peter Fritsche telefoniert, um den Schaden in der Affäre zu begrenzen.

Obama unzureichend informiert vor Telefonat mit Merkel

Mittwoch vergangener Woche wurde in Deutschland ein BND-Mitarbeiter verhaftet, der Informationen an die CIA weitergegeben haben soll. Einen Tag später telefonierte US-Präsident Obama mit Kanzlerin Angela Merkel. Wie die New York Times schreibt, soll die CIA den Präsidenten vor dem Telefonat nicht über den Fall des Spitzels informiert haben - und das, obwohl die Beziehungen zu Deutschland durch die NSA-Spähaffäre ohnehin bereits seit Längerem belastet sind. Zwar habe Merkel Obama nicht auf den Fall angesprochen - dennoch habe die Tatsache, dass der Präsident über die Entwicklung im Dunkeln gelassen wurde, bei Mitarbeitern des Weißen Hauses die Frage aufgeworfen, wer bei dem US-Geheimdienst überhaupt über den Fall informiert war - und warum diese Information nicht bis zu Obama vordrang, schreibt die Zeitung.

Röttgen betont Bedeutung der Beziehungen zu den USA

Die Affäre überschattet auch die Gespräche einer Delegation des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, die derzeit in Washington ist. "Wir haben hier deutlich gemacht, dass durch diese Dummheiten, die stattfinden in den US-Geheimdiensten, ein wirklicher außenpolitischer Schaden angerichtet wird", sagte der Ausschussvorsitzende Norbert Röttgen (CDU) im ZDF. Es dürfe aber nicht zu einer dauerhaften Beschädigung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses kommen. "Wir können uns das nicht leisten. Wir brauchen uns wechselseitig." Im Deutschlandfunk lehnte Röttgen Gegenspionage ausdrücklich ab. Deutschland solle nicht "auf die Dummheit der USA mit eigener Dummheit reagieren", sagte er. Röttgen riet zudem zu mehr Realismus und Nüchternheit im Umgang mit den USA. Deutschland müsse zur Kenntnis nehmen, dass es in den USA ein anderes Verständnis von Geheimdiensten gebe.

Hintergrund zur Spähaffäre

Die Spähaffäre, die durch den NSA-Whistleblower Edward Snowden öffentlich gemacht wurde, belastet die deutsch-amerikanischen Beziehungen seit mehr als einem Jahr. Der Rechtfertigungsdruck auf die Amerikaner erhöhte sich vergangene Woche noch einmal, als bekannt wurde, dass ein BND-Mitarbeiter für die USA spioniert haben soll. Unter anderem wird ihm vorgeworfen, den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags bespitzelt zu haben. Insgesamt wird ihm vorgeworfen, innerhalb von zwei Jahren 218 Dokumente für 25 000 Euro an die CIA verkauft zu haben. Die US-Regierung schweigt zu den Vorwürfen und ließ bislang lediglich verlauten, sich um eine "angemessene" Lösung des Problems mit Deutschland zu bemühen.

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