Auflösung des Landtags:Hessische Selbstlähmung

In Hessen muss neu gewählt werden, weil die politischen Akteure sich weigern, ihr Lagerdenken aufzugeben. Diese Haltung ist Anmaßung gegenüber den Wählern.

Peter Fahrenholz

Dass in Hessen nach nur zehn Monaten erneut gewählt werden muss, hat nicht nur mit dem Wortbruch von Andrea Ypsilanti zu tun, sondern auch mit der Unfähigkeit aller politischen Kräfte, mit einem schwierigen Wahlergebnis verantwortungsvoll umzugehen.

Parlament Wiesbaden, dpa

Der hessische Landtag hat einstimmig für seine Auflösung votiert.

(Foto: Foto: dpa)

Sicherlich: Ypsilantis halsbrecherischer Versuch, gegen alle Bedenken und Widerstände auch in ihrer eigenen Partei, eine fragile Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linken zu bilden, ist der Hauptgrund für die Neuwahl. Sie hat damit nicht nur ihre eigene Partei in den Abgrund gerissen, sondern auch alle anderen Möglichkeiten für eine Regierungsbildung verschüttet. Mit ihrer Verblendung erinnern Ypsilanti und ihre Getreuen eher an eine politische Sekte als an eine Partei.

Aber der erneute Wahlgang ist auch die Folge einer kompletten Selbstlähmung der Politik in Hessen. Es ist ja mitnichten so, dass es in Hessen keine stabilen Mehrheiten gäbe und deshalb jetzt neu gewählt werden müsste.

Im Gegenteil: Es hätte gleich mehrere Koalitions-Modelle gegeben, doch alle politischen Akteure haben sich geweigert, ihr Lagerdenken aufzugeben. Die FDP lehnte eine Ampel ab, die Grünen wollten nicht mit Roland Kochs CDU und die CDU weigerte sich, den Wahlverlierer Koch aus dem Verkehr zu ziehen und eine personelle Alternative anzubieten, die der SPD den Weg in eine große Koalition ermöglicht hätte.

Diese Haltung ist Anmaßung gegenüber den Wählern. Hessen ist ein Land mit einem vergifteten politischen Klima. Doch auch dort haben demokratische Parteien die Pflicht, untereinander gesprächsfähig zu sein, statt Politik ausschließlich anhand gegenseitiger Feindbilder zu betreiben.

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