Auf Drängen des Umweltministers:Vattenfall-Mitarbeiter sollen nun doch Auskunft geben

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Im Streit über die Aufklärung der Pannen im Atomkraftwerk Krümmel hat der Betreiber Vattenfall eingelenkt. Die Atomaufsicht darf nun doch die bei dem Zwischenfall Ende Juni beteiligten Mitarbeiter direkt befragen.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte in Berlin bei der Vorstellung des Jahresberichts des Bundesamts für Strahlenschutz, das Unternehmen habe einer Befragung der Schichtleiter des AKW zugestimmt, die während des Brandes auf dem Kraftwerksgelände am 28. Juni Dienst hatten.

Einlenken nach heftigem Schlagabtausch: Stromversorger Vattenfall folgt den Vorgaben von Bundesumweltminister Gabriel. (Foto: Foto: AP)

Das Gespräch mit Vertretern der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht und des Bundesumweltministeriums solle am Montag stattfinden. Bislang hatte Vattenfall eine Befragung der Schichtleiter durch die Aufsichtsbehörden abgelehnt. "Ich bin froh, dass nun eine Verständigung erreicht worden ist", begrüßte Gabriel das Einlenken des Energiekonzerns.

Er hob hervor, es gehe nicht um Schuldzuweisungen an die betroffenen Vattenfall-Mitarbeiter, sondern um die Aufklärung der Vorgänge am 28. Juni. Damals hatte das Bedienungspersonal nach einem Brand in einem Transformatorraum eine Schnellabschaltung des Reaktors eingeleitet, obwohl dies offensichtlich technisch nicht notwendig war, sondern vielmehr ein zusätzliches Risiko bedeutete. "Das muss man sehr präzise aufklären, bei dem Schadensrisiko, das in der Kernenergie besteht", sagte dazu Gabriel.

Unklar blieb zunächst, warum es zum Zeitpunkt des Brandes im Kontrollraum des Kraftwerks offensichtlich eine größere Menschenansammlung gab. Gabriel wollte entsprechende Berichten zunächst nicht bewerten. Der Vorgang werde aber untersucht. "Wenn es stimmt, dass 25 Leute auf der Warte waren, dann spricht das nicht für reibungslose Abläufe und die Einhaltung der vorgesehenen Verfahren", sagte der Minister. Vielmehr sei dies dann eher ein Hinweis auf Kommunikationsprobleme im AKW Krümmel.

Gabriel hatte zuvor nicht ausgeschlossen, dass Vattenfall nach der Pannenserie im Atomkraftwerk Krümmel die Betriebserlaubnis entzogen werden könnte. "Das prüft die Landesatomaufsicht in Kiel aus gutem Grund", sagte er der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" vom Donnerstag. Er wolle den Ergebnissen nicht vorgreifen, aber er glaube, "dass Vattenfall im eigenen Interesse gut daran täte, sich bei der Aufklärung der Vorgänge in seinen Atomkraftwerken kooperativer zu zeigen", hatte der Bundesumweltminister hinzugefügt und dabei auf "gravierende Fehler und Kommunikationsprobleme des Betriebspersonals in Krümmel" hingewiesen.

Grundsätzlich sagte der SPD-Politiker, die Energieversorger sollten ältere Meiler wegen deren Störanfälligkeit möglichst schnell vom Netz nehmen. Er kritisierte die Pläne, Strommengen von jüngeren auf ältere Kraftwerke zu übertragen. Das sei laut Atomgesetz nur ausnahmsweise möglich, und dafür sei ein Sicherheitsnachweis nötig. Diesen Nachweis scheuten die Betreiber. Ihnen gehe es um Gewinninteressen. Bei der Vorstellung des neuen Strahlenschutzberichts appellierte Gabriel zudem an die Union, einer neuen Endlager-Suche für hochradioaktiven Atommüll zuzustimmen. Bereits seit rund einem Jahr liege ein Vorschlag seines Ministeriums beim Kanzleramt und bei den Koalitionsfraktionen. Aber es sei "sehr schwierig mit der Union". Bislang wurde nur der Salzstock Gorleben als mögliches Endlager intensiv erkundet.

Unterdessen wurde Bauarbeitern, die mit Arbeiten an dem schwedischen Atomkraftwerk Ringhals beschäftigt waren, vorgeworfen, in einem Hotel betrunken weibliche Reinigungskräfte belästigt zu haben. Ein Vattenfall-Sprecher erklärte dazu am Donnerstag, die Alkoholkontrollen am Eingang zum Kraftwerksgelände seien nach dem Vorfall verstärkt worden. Die mit den Arbeiten betraute Fremdfirma sei aufgefordert worden, acht auffällig gewordene Arbeiter von den Bauarbeiten auszuschließen, teilte das Unternehmen weiter mit. Der Sprecher hob hervor, der Vorfall habe sich nicht auf dem Kraftwerksgelände ereignet.

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