Attentat in Dubai:Brutaler Mord, leise Töne

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Außenminister Westerwelle hat Dubai die Aufklärung des Attentats auf Mahmud al-Mabhuh zugesagt. Doch aus Rücksicht auf die Beziehung zu Israel hält sich Deutschland mit Kritik zurück.

Daniel Brössler, Berlin

In diesen Tagen hat Yoram Ben-Zeev das bessere Los gezogen. Ein besseres jedenfalls als sein Kollege Ron Prosor. Prosor, Botschafter Israels in Großbritannien, wurde ins Londoner Außenministerium zitiert und musste sich zu dem unangenehmen Termin an zahlreichen Kameras vorbei in das Ministerium bemühen. Einem Botschafter gehe es da wie einem Schüler, der "zum Rektor gerufen" werde, schrieb die britische Zeitung Guardian.

Mahmud al-Mabhuh bei seiner Ankunft in dem Hotel, in dem er getötet wurde. (Foto: Foto: Reuters)

Ben-Zeev ist Botschafter in Berlin und musste nirgendwo hin. Und das, obwohl die deutsche Regierung ähnlich wie die britische Fragen hat zum Mordanschlag auf einen Hamas-Führer in Dubai, für den die dortigen Behörden den israelischen Geheimdienst Mossad verantwortlich machen.

Die Beziehung zu Israel nicht belasten

Ganz bewusst sah Außenminister Guido Westerwelle davon ab, den israelischen Botschafter ins Auswärtige Amt zu bitten oder gar einzubestellen. Stattdessen wies er seinen Nahost-Beauftragten Andreas Michaelis an, ein Gespräch mit dem zweiten Mann an der israelischen Botschaft, dem Gesandten Emmanuel Nahshon, zu führen.

Bei dem Gespräch im Auswärtigen Amt hatte Michaelis den offiziellen Auftrag, um Prüfung zu bitten, "ob der israelischen Seite Informationen vorliegen, die zur Aufklärung der Umstände des Todes von Mahmud al-Mabhuh in Dubai beitragen können". Diese möge man, so das deutsche Ansinnen, doch gegebenenfalls übermitteln. Die Botschaft hinter der Botschaft: Zu hoch hängen will die Bundesregierung den Fall nicht; die Beziehungen zu Israel sollen nicht belastet werden.

Untätig bleiben kann Deutschland allerdings auch nicht. Immerhin gibt es Informationen, wonach das Kommando bei der Einreise nach Dubai auch einen - vermutlich gefälschten - deutschen Pass benutzt haben soll. Allen Hinweisen auf einen "Deutschland-Bezug" werde nachgegangen, versicherte am Freitag Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. "Wenn wir den Sachverhalt kennen, wird eine Bewertung vorzunehmen sein", wiegelte er ab. "Spekulationen" seien nicht angemessen, voreilige Bewertungen zu vermeiden.

Israel denkt nicht daran, eine Mossad-Operation zu bestätigen

Tatsächlich verfügen die deutschen Behörden bislang über wenige handfeste Informationen. Das Gespräch, das der Nahost-Beauftragte im Auswärtigen Amt mit dem Gesandten geführt hat, ist daher offenbar von recht allgemeiner Natur gewesen und ohne greifbares Ergebnis oder irgendwelche Zusagen des Gesandten zu Ende gegangen. Alles andere wäre überraschend, da Israel gar nicht daran denkt, eine Mossad-Operation zu bestätigen - wenngleich die Polizei in Dubai "zu 99, wenn nicht hundert Prozent" überzeugt ist, dass der israelische Geheimdienst hinter der aufwendig durchgeführten Operation steckt.

Mit "gestohlenen Identitäten" sollen 18 Angehörige des Kommandos nach Dubai eingereist sein. Benutzt wurden unter anderem die Identitäten von in Israel lebenden Briten und Iren. "Unerhört" sei das, sagte der britische Außenminister David Miliband dazu.

Das Dilemma der Deutschen

Sein deutscher Kollege Westerwelle formulierte am Donnerstag erst einmal vorsichtiger, er halte es angesichts der "bisher bekannt gewordenen Informationen für dringend geboten, die Umstände des Todes von Mahmud al-Mabhuh gründlich aufzuklären". Am Freitag ging er überraschend einen Schritt weiter, indem er sagte, dass mit "einem deutschen Pass gearbeitet worden ist". Deshalb sei Deutschland "an der Aufklärung als Nation besonders interessiert".

In Westerwelles Worten schwingt ein offensichtliches Dilemma mit. Einerseits kann die Bundesregierung nicht schweigen, wenn Partnerländer wie Großbritannien lautstark Aufklärung verlangen. Die Opposition im Bundestag hat bereits klargemacht, dass sie Informationen erwartet. SPD-Vizefraktionschef Olaf Scholz kündigte an, das Thema im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste zur Sprache bringen zu wollen.

Freundlicher Ton

Der Linken-Abgeordnete Wolfgang Neskovic verlangt Auskunft, ob einer der Täter einen deutschen Pass benutzt hat. Andererseits demonstriert Deutschland, dass die besonderen Beziehungen zu Israel auch in solchen Fällen greifen. Der Ton ist freundlicher als in London, Dublin oder Paris.

Aufgrund seiner historischen Verantwortung geht Deutschland traditionell behutsamer mit Israel um als andere EU-Länder. Krisen hat es seit der Aufnahme der deutsch-israelischen Beziehungen 1965 dennoch immer wieder gegeben - etwa 1981, als die damaligen Regierungschefs Helmut Schmidt und Menachem Begin wegen Äußerungen des Kanzlers zum Nahost-Konflikt aneinander gerieten.

Ähnlich verhielt es sich im Jahr 1984, als Helmut Kohl ausgerechnet in Israel für sich die "Gnade der späten Geburt" reklamierte und so Holocaust-Überlebende empörte. Anzeichen für ernsthafte diplomatische Verwerfungen gibt es im Fall Dubai bisher indes nicht. Ohnehin pocht Kanzlerin Angela Merkel unerschütterlicher auf gute Beziehungen zu Israel als ihre Vorgänger.

© SZ vom 20.02.2010/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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