Atomwaffen-Äußerung:Olmerts Eigentor

Der israelische Ministerpräsident hat erstmals angedeutet, dass sein Land im Besitz von Nuklearwaffen ist - und sich damit in die Defensive manövriert. Erste Rücktrittsforderungen ließen nicht lange auf sich warten.

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat in einem Interview mit den deutschen TV-Sendern Sat1/N24 indirekt eingeräumt, dass Israel über Atomwaffen verfügt. Olmert betonte darin, sein Land habe nie andere Staaten bedroht.

Der Iran hingegen drohe "offen, explizit und öffentlich", Israel von der Landkarte zu tilgen. Dann sagte Olmert: "Würden Sie sagen, dass das Niveau der Bedrohung gleich ist, wenn sie (die Iraner) Atomwaffen haben wollen wie Frankreich, die Amerikaner, die Russen und Israel?"

Die israelische Regierung hat bislang nicht öffentlich den Besitz von Atomwaffen eingeräumt, es aber auch nicht bestritten.

Olmerts Sprecherin Miri Eisin bestätigte nicht, dass Olmert den Besitz von Atomwaffen einräumte. "Israel wäre nicht das erste Land, das in dieser Region die Atomwaffe einführen würde", sagte sie lediglich der Nachrichtenagentur AFP in Berlin.

"Unverantwortlicher Lapsus"

In Israel lösten Olmerts Äußerungen Empörung aus. Der Abgeordnete der oppositionellen konservativen Likud-Partei, Juval Steinitz, forderte den Rücktritt des Ministerpräsidenten und sprach von einem "unverantwortlichen Lapsus", der "die Politik von fast einem halben Jahrhundert in Frage stellt".

Der linke Oppositionsabgeordnete Jossi Beilin (Merez) sagte, Olmerts unvorsichtige Äußerungen grenzten an Verantwortungslosigkeit. Er kritisierte die "verblüffenden Äußerungen von Ehud Olmert, die nur die Zweifel seiner Regierungsfährigkeit vergrößern".

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen, nannte es klug, dass Olmert das Tabu zur israelischen Atombombe gebrochen habe. "Das wussten wir doch eigentlich schon seit langem, dass Israel sich verteidigen muss, dass es das Recht haben muss, darauf mit allen militärischen Mitteln zu antworten, wenn es ausradiert werden soll," erklärte der SPD-Politiker im Deutschlandradio Kultur.

Der israelische Ministerpräsident trifft am Dienstag bei seinem Deutschland-Besuch mit Bundespräsident Köhler und Bundeskanzlerin Merkel zusammen. Es ist die erste Deutschlandreise des israelischen Regierungschefs.

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