Atomwaffen-Äußerung:Die Panik des Premiers

Ehud Olmert plaudert über Atomwaffen, weil Israel einen amerikanischen Politikwechsel fürchtet.

Christiane Schlötzer

Wer viel tut, macht auch Fehler. Israels Regierungschef Ehud Olmert gibt derzeit gerne Interviews, weit mehr als sein wortkarger Vorgänger Ariel Scharon. Man kann Olmerts Erwähnung Israels in der Reihe der Atommächte als Fehlgriff deuten, als Versprecher eines Vielbeschäftigten.

Atomwaffen-Äußerung: Israels Premier Ehud Olmert

Israels Premier Ehud Olmert

(Foto: Foto:)

Ziel Iran

Als neuen Beleg für die Schwäche eines politisch angeschlagenen Premiers, der aus Versehen das größte außenpolitische Tabu Israels gebrochen hat. Doch vielleicht war es gar kein Ausrutscher, kein Ungeschick, sondern eine Drohung - und zwar eine, die man gleich wieder dementieren kann, deren Botschaft aber trotzdem eindeutig ist.

Das Ziel der Drohung heißt in diesem Fall Iran. Olmert gibt zu erkennen, Israel, als Atommacht, ist ein starker Gegner, den kein anderer Staat einfach von der Landkarte wischen kann. Für diese Interpretation spricht, dass auch der designierte US-Verteidigungsminister Robert Gates vor wenigen Tagen Israel als Nuklearmacht bezeichnete. In einem weiteren Interview, ebenfalls unmittelbar vor der Reise nach Deutschland, hat Olmert einen Militärschlag gegen Irans Atomprogramm nicht ausgeschlossen.

Kein Kurswechsel in Washington

Damit ist die zweite Adresse der Drohung Olmerts in Washington zu suchen. Seit der Veröffentlichung des Baker/Hamilton-Berichts vergangene Woche häufen sich in Israel die besorgten, ja fast apokalyptischen Medienkommentare. Darin wird das Land zum Opfer einer neuen amerikanischen Politik stilisiert. Einer Politik, die es bislang noch gar nicht gibt. Die Iraq Study Group unter James Baker hat der Bush-Regierung empfohlen, zur Befriedung des Irak auch das Gespräch mit Iran und Syrien zu suchen.

In Israel nährt dies die Panik, Amerika werde Teheran letztlich zur Atommacht aufsteigen lassen. Dies ist weit hergeholt, ein Kurswechsel Washingtons ist bislang nicht erkennbar. Dennoch gibt es in Israel schon Stimmen, die sagen, notfalls müsse man den Job eben selbst erledigen und Teherans Atompläne stoppen.

Auch aus weniger radikalen Kommentaren spricht die Angst, Israel müsse nun für Amerikas Niederlage im Irak büßen. Die Baker-Gruppe verknüpft schließlich das Irak-Desaster mit dem Palästina-Problem und fordert von der Regierung in Washington neues Engagement für den ältesten Nahost-Konflikt. Wenn Amerika mit Syrien reden sollte, dann liegt das Nahost-Dossier ohnehin mit auf dem Tisch.

Denn das Regime in Damaskus dürfte kaum Grenzen zum Irak für Terroristen abdichten oder seine Provokateure aus dem Libanon zurückpfeifen, wenn es dafür nichts bekommt. Den Preis aber kann nur Israel begleichen. Damaskus will die 1967 von Israel eroberten Golanhöhen zurück. Olmert will diesen Preis nicht zahlen, seine Regierung würde es nicht überleben.

Israel aber ist in der Tat schon jetzt Opfer der US-Politik, einer Politik, die es in den vergangenen Jahren sträflich versäumt hat, sich um einen Nahost-Frieden zu bemühen. Auch das hat der radikalen palästinensischen Hamas zu ihrem Wahlsieg mit verholfen, was nun wiederum die Verständigung erschwert. 2007 ist das 40. Jahr der Besetzung des Westjordanlands.

Gespräch mit Feinden

Eine neue Generation wächst dort auf mit Mauer und Zaun und dem Baulärm immer neuer jüdischer Außenposten. Israel ist beherrscht von der Angst vor Iran, und möchte am liebsten nicht sehen, was sich hinter der Mauer an neuer palästinensischer Wut zusammenbraut. Dies ist keine kluge Strategie.

Wer den Nahost-Konflikt entschärfen will, kommt um das Gespräch auch mit Feinden nicht herum. Wenn Olmert dies derzeit nicht selbst tun will, dann sollte er nicht kritisieren, wenn andere zumindest die Spielräume vermessen, wie dies jüngst der deutsche Außenminister in Damaskus versuchte.

Syrien, das derzeit auch die politische Führung der Hamas beherbergt, hat viele Karten im nahöstlichen Poker. Und keinesfalls überall die selben Interessen wie Iran. Diplomatie verspricht da mehr als Drohungen.

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