Atomverhandlungen mit Iran:Warum es keine Alternative zu einem Abkommen gibt

US-Secretary of State John Kerry

Besorgter Blick: US-Außenminister John Kerry während einer Verhandlungspause in Lausanne.

(Foto: AFP)

Sollten die Gespräche mit Iran scheitern, wäre die Eskalation vorgezeichnet. Ein Militärschlag könnte dann schnell zur letzten Option werden.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Es war im Oktober 2003, als sich drei europäische Außenminister auf eine diplomatische Sternfahrt begaben. Joschka Fischer aus Berlin, Jack Straw aus London und Dominique de Villepin aus Paris jetteten für zwölf Stunden nach Teheran. Im Sommer zuvor war Irans geheimes Atomprogramm aufgeflogen. Das Regime versuchte, sich mit der bis heute bemühten Geschichte aus der Affäre zu ziehen, das Ganze diene trotz aller Heimlichtuerei allein zivilen Zwecken, Nuklearwaffen hätten keinen Platz in der Sicherheitsstrategie der Islamischen Republik.

Fischer wollte weiteren Krieg im Nahen Osten verhindern

Das war damals schon mehr als fraglich, und Fischer glaubte es auch nicht. Zugleich aber war er überzeugt, dass ein weiterer Krieg im Nahen Osten verhindert werden müsse und Europa die Pflicht habe, alles zu tun, um den Konflikt durch Diplomatie beizulegen.

Das sollte auch heute, zwölf Jahre später, die Maßgabe des politischen Handelns sein. Die Chance war nie besser, eine Einigung zu finden, die der ganzen Welt mehr Sicherheit bietet als der Status quo. Kein Abkommen wird den Idealzustand bewirken, in dem Iran weder die Mittel noch das Wissen besitzt, sich den Stoff für eine Bombe zu beschaffen. Teheran wird weiter Zentrifugen betreiben, mit denen es Uran anreichern kann.

Es liegt in der Natur dieser Technologie, dass sie sich zu militärischen Zwecken missbrauchen lässt. Doch daraus abzuleiten, dass die Welt ohne einen Deal sicherer wäre, greift zu kurz. Auch Bomben werden die Zeit nicht zurückdrehen können - und nach aller Wahrscheinlichkeit auch noch schärfere Sanktionen nicht.

Ein Atomabkommen ist nicht ideal, aber ohne Alternative

Iran betreibt derzeit knapp die Hälfte seiner 20 000 Zentrifugen. Wenn es künftig nur noch 6000 oder 7000 sind, dann ist das längst nicht ideal, aber noch besser als die momentane Situation - und vor allem besser, als wenn Iran sein Programm wieder mit voller Kraft anfahren würde.

Auch ist es besser, für einen Zeitraum von zehn Jahren sicherzustellen, dass Iran ein Jahr Sicherheitsabstand von zwölf Monaten einhält, der im Zweifelsfall Zeit lässt zu reagieren, als die zwei bis drei Monate, die es heute sind. Ohne Beschränkungen wird die Spanne auf einige Wochen zusammenschnurren. Die Eskalation ist vorgezeichnet, und ein Militärschlag sehr schnell wieder eine, möglicherweise auch die letzte verbleibende Option.

Nur ein strenges Inspektionsregime kann Wettrüsten aufhalten

Zugleich braucht man sich keinen Illusionen hinzugeben: Ein Atomabkommen mit Iran ist vor allem langfristiges Krisenmanagement. Die Islamische Republik wird dadurch nicht zu einem vertrauenswürdigen Akteur. Dem kann ein strenges Inspektionsregime Rechnung tragen, das binnen Tagen jeden Verstoß der Iraner entdecken würde. Nur wenn das garantiert ist, wird sich der zu befürchtende Wettlauf um Nukleartechnologie in der Region aufhalten lassen.

Iran wir dadurch erst recht nicht zum Sachwalter westlicher Interessen im Nahen Osten, auch wenn sie stellenweise deckungsgleich sein mögen und punktuelle Kooperation möglich erscheinen lassen - etwa im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Aber eine bessere Alternative ist auch nicht erkennbar.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: