Atomstreit:Reise ins Ungewisse

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Song Tao, ein hochrangiger Politiker der Kommunistischen Partei, soll die Führung in Nordkorea über den kommunistischen Parteikongress im vergangenen Monat informieren. (Foto: Kentaro Aoyama/AP)

China schickt den Sonderbotschafter Song Tao nach Nordkorea. Der letzte hochrangige Besucher aus Peking kam im Oktober 2015 nach Pjöngjang. Wie und wer die Delegation aus China nun empfangen wird, ist noch unklar.

Von Christoph Giesen, Peking

Wenn chinesische Politiker nach Nordkorea reisen, spielt meist schon am Flughafen in Pjöngjang eine Kapelle auf, Kinder stehen Spalier und natürlich gibt es ein großes Bankett. Mit einer Ausnahme: 1992, als sich Außenminister Qian Qichen auf den Weg machte, um Staatsgründer Kim Il-sung mitzuteilen, dass China diplomatische Beziehungen mit Südkorea aufnehmen werde, damals war die Stimmung mies. Keine Kapelle, keine Kinder und kein Bankett.

Nur wenige Tage nach dem Besuch von US-Präsident Donald Trump in Peking reist an diesem Freitag zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder eine Delegation hochrangiger chinesischer Kader nach Pjöngjang. Und diesmal ist es völlig ungewiss, wie die Gruppe empfangen wird. Vor allem von wem? Angeführt wird die Delegation von Song Tao, dem Leiter der internationalen Abteilung des Zentralkomitees. Ein Mann im Ministerrang. Song hat in Australien studiert und als Diplomat gearbeitet. Er war Chinas Botschafter in Guyana, hat die Vertretung auf den Philippinen geleitet, und war auch schon stellvertretender Außenminister. Jetzt steht er im Dienst der Kommunistischen Partei. Dass Peking ihn und kein aktives Regierungsmitglied schickt, scheint Absicht zu sein.

Laut einer Meldung der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua soll Song die Führung in Nordkorea über den Verlauf des Parteikongresses im vergangenen Monat in Peking informieren. In der Mitteilung erwähnt Xinhua weder den Besuch von Trump noch das Atom- und Raketenprogramm Nordkoreas. Trump hat Peking mehrmals aufgefordert, dabei mehr Druck auf Pjöngjang auszuüben.

Was auf den ersten Blick nach einer Annäherung aussieht, wird in Pjöngjang durchaus als Provokation aufgefasst. Seit knapp sechs Jahren herrscht Diktator Kim Jong-un. Hochrangigen Besuch hatte er bislang noch nicht. Sein Vater Kim Jong-il konnte den russischen Präsidenten Wladimir Putin empfangen, genauso wie den damaligen chinesischen Staats- und Parteichef Hu Jintao. Während der Sonnenscheinpolitik kam Südkoreas Präsident Kim Dae-jung. Und 2000 landete gar die amerikanische Außenministerin Madeleine Albright in Pjöngjang.

Der letzte hochrangige Besucher aus China war Liu Yunshan im Oktober 2015. Damals war Liu die Nummer sechs in der chinesischen Parteihierarchie, schon das sorgte in Pjöngjang für Missstimmung. Immerhin konnte er Kim Jong-un treffen. Nun also Song Tao. 2015 gehörte er als Teilnehmer zur Delegation. Jetzt führt er sie an.

© SZ vom 17.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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