Atomstreit mit Iran:Teheran will Öl-Exporte nach Europa stoppen

Irans Führung will der Europäischen Union zuvor kommen: Fünf Monate vor Beginn des Öl-Embargos droht Teheran Medienberichten zufolge sämtliche Öl-Exporte nach Europa zu stoppen. Der IWF schätzt, dass der Lieferstopp den Ölpreis um bis zu 30 Prozent nach oben treiben könnte.

Fünf Monate vor Beginn des Öl-Embargos der Europäischen Union will Teheran dem Westen offenbar zuvorkommen: Die iranische Führung will Medienberichten zufolge von sich aus sämtliche Öl-Exporte nach Europa stoppen.

So berichtet die Financial Times, der Sprecher des Energieausschusses im iranischen Parlament habe der Nachrichtenagentur Mehr gesagt, die Regierung arbeite ein entsprechendes Gesetz aus. Dieses sehe ein sofortiges Ende des Ölhandels mit Europa vor. Der Entwurf solle am Sonntag dem Parlament vorgelegt werden. "Wenn das Gesetz verabschiedet wird, muss die Regierung die Öl-Verkäufe nach Europa beenden, bevor das Öl-Embargo gegen Iran beginnt", sagte er.

Die EU hatte am Montag ihre Sanktionen gegen Iran verschärft und ein Embargo gegen iranisches Öl beschlossen, das am 1. Juli in Kraft treten soll. Außerdem weiteten die Europäische Union und die USA ihre finanziellen Strafmaßnahmen gegen das Land aus. Iran wird vorgeworfen, unter dem Deckmantel der Energieerzeugung an Atomwaffen zu arbeiten, was die Führung in Teheran bestreitet.

Präsident Mahmud Ahmadinedschad zeigte sich ungerührt über die angekündigten Sanktionen. "Die Geschichte hat bislang gezeigt, dass die iranische Nation solche Hürden immer überwunden hat", sagte Ahmadinedschad nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Irna bei einer Rede in der zentraliranischen Stadt Rafsandschan. "Die Sanktionen werden nutzlos sein."

Zuvor hatte er allerdings gesagt, Iran sei zu Gesprächen über sein umstrittenes Atomprogramm bereit. Frühere Ankündigungen Teherans, offen für Gespräche zu sein, waren meist folgenlos geblieben.

Ein Stopp iranischer Öl-Exporte könnte den Preis nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) um 20 bis 30 Prozent nach oben treiben. Finanzsanktionen, wie sie die USA verhängten, seien gleichbedeutend mit dem am Montag erlassenen Einfuhrverbot der Europäischen Union, hieß es in einem IWF-Bericht an die G 20. Dadurch würde der fünftgrößte Öl-Produzent der Welt pro Tag rund 1,5 Millionen Barrel weniger ausführen können.

Aus der Branche kamen dagegen andere Einschätzungen: Der französische Öl-Riese Total rechnet nicht mit einem größeren Einfluss des Embargos der EU auf den iranischen Absatz oder den Öl-Markt im Allgemeinen. Das Öl werde anderweitig verkauft, sagte Konzernchef Christophe de Margerie der Nachrichtenagentur Reuters am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos. Die Islamische Republik könnte auch Preisnachlässe gewähren, um den Verkauf zu beschleunigen. Total selbst hält sich nach eigenen Angaben bereits an das Embargo und hat seine Käufe gestoppt. Zuvor hatten die Franzosen pro Tag rund 80.000 Barrel abgenommen.

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