Atomstreit mit Iran:Bulldozer drüber

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Irans Führung hat Teile eines Gebäudekomplexes einebnen lassen, bevor ihn Atominspektoren untersuchen konnten. Die IAEA geht davon aus, dass das Regime auf dem Gelände in der Nähe von Teheran Komponenten für einen Atomsprengkopf testete. Fraglich ist jetzt, ob nach dem Abriss noch Uranpartikel nachweisbar sind.

Paul-Anton Krüger

Iran hat Teile eines verdächtigen Gebäudekomplexes auf dem Militärstützpunkt Parchin bei Teheran abgerissen, den die Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA untersuchen wollen. Die IAEA vermutet, dass iranische Forscher dort Komponenten für einen Atomsprengkopf getestet haben.

Westliche Diplomaten sagten nach einer vertraulichen Unterrichtung durch IAEA-Chefinspektor Herman Nackaerts am Mittwochabend in Wien, Iran wolle offenbar Spuren beseitigen. Eine Reihe von Satellitenbildern zeige, dass zwischen dem 5. und dem 25. Mai zwei kleinere Gebäude in dem fraglichen Komplex dem Erdboden gleichgemacht wurden. Zudem seien mit Bulldozern großräumig Erdschichten abgetragen worden. Westlichen Geheimdiensten liegen demnach auch Aufnahmen vor, auf denen Baumaschinen zu erkennen sind.

Die IAEA vermutet nach Informationen der Süddeutschen Zeitung, dass iranische Forscher im Jahr 2003 oder 2004 in dem Hauptgebäude Versuche mit einer Neutronenquelle gemacht haben. Dieses Bauteil ist in Atomwaffen nötig, um eine Kettenreaktion auszulösen. Mögliche Tests sollen demnach in einem Stahlzylinder von der Größe eines Busses vorgenommen worden sein. Es handelt sich dabei um eine Sprengkammer, die Iran mit Hilfe eines Wissenschaftlers aus einem früheren sowjetischen Atomwaffenlabor errichtet hat.

Die IAEA hat den Mann befragt, der Iran auch bei der Entwicklung eines sogenannten Implosionssystems unterstützt haben soll. Es besteht aus Sprengstoff und Metallbauteilen und ist ein weiterer Bestandteil eines Zündmechanismus' für Atomwaffen.

Iran verweigert den Inspektoren bislang den Zugang zu den verdächtigen Gebäuden. Offiziell begründet die Regierung in Teheran dies damit, dass zunächst eine Einigung mit der IAEA über einen "strukturierten Ansatz" gefunden werden müsse, nach dem "offene Fragen zu den möglichen militärischen Dimensionen" des iranischen Atomprogramms geklärt werden sollen - Diplomatenjargon für den Verdacht, dass Iran heimlich an der Entwicklung von Atomwaffen gearbeitet hat.

Jüngst war IAEA-Chef Yukiya Amano nach Teheran gereist, um ein entsprechendes Abkommen zu vereinbaren. Irans Atomunterhändler Said Dschalili sagte laut Amano zu, trotz "bestehender kleinerer Differenzen" das Dokument zu unterzeichnen, was bislang aber nicht geschehen ist. Das Thema dürfte die am Montag beginnende Tagung des Gouverneursrats bestimmen, des höchsten beschlussfassenden Gremiums der IAEA, dem 35 Staaten angehören.

Wolfram ersetzt Uran

Bereits im April hatten Satellitenbilder vermuten lassen, dass Iran versucht hat, Gebäude auf dem Gelände zu säubern. Sie zeigten Flüssigkeitsspuren, die dem Augenschein nach aus dem Gebäude entsprangen, in dem die Sprengkammer stehen soll. Von welchem Wert ein Zugang zu dem Gelände für die IAEA noch wäre, ist fraglich. In den Versuchen sollen nur wenige Gramm nuklearen Materials für die Neutronenquelle verwendet worden sein. Die anderen Uran-Bauteile wurden durch Wolfram ersetzt, das auch in konventionellen Waffen zum Einsatz kommt.

Allerdings wies die IAEA auch in der Vergangenheit Uranpartikel in Einrichtungen Irans nach, die zuvor gesäubert worden waren. Ähnliches gelang den Inspektoren in Syrien, wo das Regime das komplette Gelände eines Reaktors hatte einebnen lassen, nachdem die israelische Luftwaffe diesen zerstört hatte. Iran hat bereits im Jahr 2004 einen verdächtigen Gebäudekomplex abgerissen und so einer Inspektion durch die IAEA entzogen. Es handelte sich dabei um das Physikalische Forschungszentrum im Teheraner Stadtteil Shian-Lavizan.

© SZ vom 01.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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