Computerattacke auf iranische Atomanlagen:"Die böse Tat"

Irans Präsident Ahmadinedschad hat erstmals einen Hacker-Angriff auf die Anreicherungsanlage in Natans bestätigt. Ob er damit den Computerwurm Stuxnet meinte und ob dauerhafter Schaden enstanden sei, ließ er aber offen.

Paul-Anton Krüger

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat am Montag erstmals eingeräumt, dass Computer-Probleme den Betrieb der Zentrifugen in der Urananreicherungsanlage Natans beeinträchtigt haben. Bei einer Pressekonferenz in Teheran beschuldigte er laut übereinstimmenden Berichten von Nachrichtenagenturen "Feinde Irans", sie hätten "begrenzte Schwierigkeiten" verursacht. Ahmadinedschad erläuterte: "Es ist ihnen gelungen, Probleme für eine begrenzte Zahl unserer Zentrifugen zu verursachen mit Software, die sie in elektronischen Teilen installiert hatten." Angesichts dieser Äußerung ist es wahrscheinlich, dass der Computer-Wurm Stuxnet tatsächlich ein gegen die Anlage gerichteter Cyber-Angriff war, auch wenn der Präsident dies nicht direkt bestätigte.

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Die Urananreicherungsanlage von Natans ist zentraler Bestandteil des iranischen Atomprogramms. Sogar offiziell wurde jetzt bestätigt: Die Anlage wurde angriffen - per Hacker-Attacke.

(Foto: dpa)

Die amerikanische IT-Sicherheitsfirma Symantec hatte vorvergangene Woche eine detaillierte Analyse des Schadprogramms vorgelegt. Danach hat das Virus gezielt sogenannte Frequenzumrichter in der Steuerung von Industrieanlagen manipuliert, die benutzt werden, um die Drehgeschwindigkeit von Elektromotoren zu regeln. Die zwei betroffenen Typen sind für die extrem hohen Geschwindigkeiten geeignet, mit denen Zentrifugen zur Urananreicherung betrieben werden. Sie nutzen rotierende Aluminiumzylinder, um spaltbares Uran 235 von dem nicht spaltbaren Uran 238 zu trennen.

Stuxnet manipuliert die Geschwindigkeit nach einem festgelegten Zyklus, der zunächst dazu führen würde, dass der Zentrifugen-Rotor seine nominelle Belastungsgrenze von 400 Metern pro Sekunde überschreitet, was die Maschine explosionsähnlich zerreißen kann. Dann reduziert Stuxnet die Geschwindigkeit rapide, was Vibrationen auslösen kann, die ebenfalls die Maschinen beschädigen dürften. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hatte berichtet, dass Iran Mitte Oktober für mindestens einen Tag kein Uran in die Zentrifugen eingespeist habe, was als Hinweis auf Stuxnet gewertet wurde. Iran erklärte die Unterbrechung mit "Wartungsarbeiten".

Der Wurm ist derartig aufwendig programmiert, dass fast alle Experten zu dem Schluss gelangt waren, dies sei nur mit der Unterstützung einer staatlichen Einrichtung möglich, etwa eines Geheimdienstes. Zudem lässt sich mit dem Programm kein Geld ergaunern, was das Standardmotiv vieler Hacker ist.

Ahmadinedschad führte nicht aus, ob infolge der Probleme Zentrifugen zerstört wurden. Er sagte lediglich, iranische Experten hätten "die böse Tat" entdeckt und sichergestellt, dass "dies heute nicht mehr möglich ist". Es ist nicht bekannt, ob in Natans tatsächlich die von Stuxnet attackierten Industrie-Steuerungen des deutschen Siemens-Konzerns oder die speziellen Frequenz-Umrichter verbaut sind. Ein Beweis, dass Stuxnet ein Cyber-Angriff auf Natans war, ist also kaum möglich. Die Indizienkette, die darauf hindeutet, ist allerdings mit Ahmadinedschads Äußerungen weiter verdichtet worden.

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