Atomlager Gorleben:"Die Erkundungslüge ist aufgeflogen"

Neue Argumente für Atomkraftgegner: Der Salzstock in Gorleben ist teilweise bereits als Endlager für hoch radioaktiven Atommüll vorbereitet worden.

Der Salzstock in Gorleben ist teilweise bereits als Endlager für hoch radioaktiven Atommüll vorbereitet worden. Die Anlagen seien für eine mögliche spätere Nutzung als Endlager ausgelegt worden, falls der Salzstock sich dafür als geeigneter Standort erweise, teilte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am Donnerstag mit.

Gorleben, ddp

Zur Erkundung fräst sich ein Spezialfahrzeug durch einen Schacht des Salzstockes in Gorleben.

(Foto: Foto: ddp)

Die Schächte sowie die Größe der Salzhalde und der Gebäude seien bereits im Hinblick auf eine mögliche spätere Endlager-Nutzung geplant worden. Bislang gibt es aber keinen Nachweis oder einen offiziellen Beschluss, dass der Salzstock im Kreis Lüchow-Dannenberg tatsächlich als Endlager für hoch radioaktiven Müll aus deutschen Atomkraftwerken geeignet ist.

Das Bundesamt für Strahlenschutz betonte am Donnerstag, der Umfang des Ausbaus in Gorleben sei genehmigt und von Gericht bereits 1990 für zulässig erklärt worden. In der großen Koalition herrscht seit langem Streit, ob auch alternative Standorte zu Gorleben gesucht werden sollen.

Atomkraftgegner nun sehen ihre Befürchtungen bestätigt, dass unter Ausschluss der Öffentlichkeit längst ein Endlager errichtet worden sei. Sie riefen für diesen Freitag zur Protesten vor dem Salzstock in Gorleben auf.

Das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter wollte aber nicht davon sprechen, dass der Salzstock offenbar illegal zu einem Atomendlager ausgebaut wurde. Das hatte die Frankfurter Rundschau unter Berufung auf ein Papier der Behörde berichtet. Darin heiße es, die Kosten für die Untersuchung des Salzstockes auf seine Eignung als Endlager seien seit Mitte der 80er Jahre auch deswegen so hoch gewesen, "weil parallel zur Erkundung bereits der Ausbau zum Endlager begonnen wurde".

Eine solche Stellungnahme mit den zitierten Äußerungen gebe es nicht, betonte das BfS am Donnerstag. Der Umfang des Ausbaus sei durch das Bergrecht genehmigt gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht habe dies 1990 auch für zulässig erklärt.

Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg kritisierte, bisher hätten Behörden und Regierungsparteien stets erklärt, in Gorleben werde nur erkundet. "Die Erkundungslüge ist aufgeflogen." Die Bürgerinitiative, die von einem "illegalen Schwarzbau" sprach, will am Freitag am Salzbergwerk demonstrieren.

Die Erkundungsarbeiten, die im Salzstock vor rund 30 Jahren begonnen wurden, hatte die frühere rot-grüne Bundesregierung auf Eis gelegt. Das Moratorium läuft 2010 aus. Die Arbeiten sollen 1,5 Milliarden Euro gekostet haben.

Das BfS spricht sich dafür aus, neben Gorleben noch weitere Standorte für ein Atom-Endlager zu erkunden. Dies wäre mit einem geringeren Aufwand als in Gorleben machbar, heißt es. Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) fordert den Vergleich mehrerer Standorte, die Union lehnt den Vorstoß aber ab. CDU/CSU pochen darauf, den Erkundungsstopp im Salzstock Gorleben umgehend aufzuheben. Der Bund muss ein bisher fehlendes Endlager für hoch radioaktive Abfälle zu schaffen, das bis 2030 betriebsbereit sein soll. Dieser Zeitplan ist aus Expertensicht aber knapp.

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