Atomkatastrophe in Japan:"Wir können nicht optimistisch sein"

Japans Ministerpräsident Naoto Kan hat sich erstmals bei Bauern und Unternehmen um Fukushima-1 für die entstandenen Schäden entschuldigt. Dabei ist angesichts der desolaten Lage in dem Kernkraftwerk noch gar nicht abzusehen, wie groß die radioaktive Belastung noch wird.

Der japanische Ministerpräsident Naoto Kan hat sich bei den Bauern und Unternehmen in der Umgebung des havarierten Atomkraftwerks Fukushima-1 für die entstandenen Schäden entschuldigt.

Japan's PM Kan bows to the Japanese flag with a black mourning cloth during a news conference at his official residence in Tokyo

Der japanische Ministerpräsident Naoto Kan verbeugt sich vor der Landesflagge. Er erklärte der Bevölkerung, dass die Regierung das Äußerste tut, um die Situation unter Kontrolle zu bringen.

(Foto: Reuters)

Die Lage in der Anlage sei auch zwei Wochen nach den Naturkatastrophen und den Reaktorunglücken noch immer äußerst unvorhersehbar. "Wir sind nicht in einer Position, in der wir optimistisch sein können. Wir müssen jede Entwicklung mit größter Sorgfalt behandeln", sagte Kan. Er forderte die Japaner zur Solidarität untereinander auf, um die "schlimmste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg" zu überwinden. "Die Regierung tut das Äußerste, um die Situation unter Kontrolle zu bringen", sagte er.

All denjenigen, die ihre Kräfte bündelten, um sich den Herausforderungen zu stellen, zolle er seinen Respekt, sagte Kan, und dankte den Einsatzkräften dafür, dass sie ihr Leben aufs Spiel setzten. Die Verstrahlten hätten sein Mitgefühl. "Wir bemühen uns, damit sich die Situation nicht verschlechtert." Bei den Arbeiten sei aber "äußerste Wachsamkeit" gefordert.

Die Angst vor den Folgen der atomaren Katastrophe nimmt wieder zu, nachdem stark erhöhte radioaktive Werte rings um die Anlage Fukushima-1 gemessen wurden. Der AKW-Betreiber Tepco räumte ein, dass die Rettungsbemühungen nur langsam vorangingen und begründete das mit der Gefahr für die dortigen Arbeiter.

Zuvor gab es neue Alarmmeldungen über extrem strahlendes Wasser im AKW Fukushima-Daiichi. Dort sind jetzt zwei Blöcke ohne jede Kühlung. Bereits am Donnerstag hatte stark strahlendes Wasser an Block 3 für Rückschläge gesorgt. Am Freitag dann stoppte ebenfalls radioaktiv belastetes Wasser die Einsätze an den Reaktoren 1 und 2. Es wurde im Untergeschoss der Turbinenräume entdeckt - genau wie bei Block 3. Als hohe Radioaktivität festgestellt wurde, mussten sich die Techniker zurückziehen.

Am Donnerstag waren zwei Arbeiter in einem Keller neben Reaktor 3 verletzt worden, als ihnen verstrahltes Wasser in die Schuhe lief. Nach Angaben der Betreiberfirma Tepco hatte das Wasser eine Radioaktivität von 3,9 Millionen Becquerel pro Kubikzentimeter - 10.000 Mal so viel wie üblich. Die Arbeiter hatten sich dadurch Verbrennungen zugezogen. Vermutlich seien an Block 3 der Reaktorbehälter oder das Abklingbecken für abgebrannte Kernbrennstäbe beschädigt, berichtete der Betreiber Tepco. Die Atomaufsichtsbehörde NISA fügte hinzu, das Wasser in dieser Anlage komme vermutlich vom Kern des Reaktors. Diese Berichte schürten neue Angst vor einer Kernschmelze. Die NISA forderte den AKW-Betreiber Tepco zu einem wirksameren Schutz vor Radioaktivität auf.

Die Zahl der Opfer des Bebens und des Tsunamis hat nach Medienberichten inzwischen die Marke von 10.000 Toten überschritten. Der Fernsehsender NHK berichtete am Freitagmorgen von 10.035 Opfern. Circa 17.500 Menschen gelten als vermisst, die Zahlen dürften weiter steigen.

In Deutschland, wo erstmals radioaktive Isotope aus Fukushima-1 - in ungefährlicher Konzentration - festgestellt wurden, werden die Lebensmittelkontrollen genauso wie in der gesamten Europäischen Union verstärkt. "Künftig dürfen Lebensmittel aus den betroffenen japanischen Regionen nur noch in Deutschland eingeführt werden, wenn sie in Japan streng kontrolliert und zertifiziert wurden", teilte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) in Berlin mit.

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