Atomendlager: Streit um Gorleben:Merkel kritisiert Gabriel

Umweltminister Gabriel kündigt eine baldige Entscheidung zum Atomlager Asse an und lehnt eine weitere Erkundung von Gorleben ab - die Kanzlerin widerspricht.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat einer weiteren Erkundung von Gorleben als Atommüllendlager eine Absage erteilt. Wegen des Auslaufens der Erkundungsrechte im Jahr 2015 könne man ein Endlager Gorleben nur über ein Enteignungsverfahren durchsetzen, sagte der SPD-Politiker bei einem Besuch des Atommülllagers Asse.

"Diesen Weg wird es mit der SPD nicht geben", sagte Gabriel. Es gebe kaum noch eine Chance, Gorleben als Endlager wieder ins Spiel zu bringen. "Ich will es auch gar nicht", sagte er.

Dies kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Wenn nicht Wahlkampf wäre, würde Gabriel so "nicht reden", sagte Merkel. Sie plädierte für eine Weitererkundung des Salzstocks.

Die CDU-Chefin warnte erneut vor einem zu schnellen Atomausstieg. "Wir haben sehr, sehr gute Vorstellungen von den Sicherheitsanforderungen", sagte sie. "Ich möchte, dass Deutschland da mitsprechen kann, weil wir natürlich auch von Unfällen in anderen Ländern betroffen sein würden."

Merkel sicherte eine umfassende Sanierung des maroden Atommülllagers Asse in Niedersachsen zu. Das Ziel sei, dass Asse "ordentlich saniert wird und ein Weg gefunden wird, bei dem sich keiner Sorgen machen muss", sagte Merkel. Es werde eine "schonungslose Analyse" geben.

Gabriel stellte derweil auf dem Gelände des Bergwerks Asse bei Wolfenbüttel einen Katalog von 18 Kriterien vor, die bei Entscheidung über die Art der Sanierung des einsturzgefährdeten Atommülllagers den Ausschlag geben sollen.

Es gebe drei Optionen zur Sanierung der Asse, das Herausholen des Atommülls, das Umlagern und das Verfüllen des Bergwerks mit Salzbeton, sagte Gabriel. Zu den drei Optionen seien Gutachten in Auftrag gegeben worden.

Bürger werden bei Asse-Sanierung beteiligt

Nach den 18 Kriterien könne man die Folgen jedes Sanierungswegs für das Personal des Bergwerks, die Anwohner und die Langzeitsicherheit abschätzen, sagte der Umweltminister. Zudem spielten bei der Wahl der Sanierungsoption rechtliche und technische Machbarkeit und Zeitbedarf eine Rolle. Einen risikolosen Weg zur Sanierung der Asse gebe es jedoch nicht. "Wir werden mehr oder minder problematische Optionen haben", sagte er.

Der sozialdemokratische Umweltminister kündigte erneut eine Entscheidung über das Sanierungskonzept für die Asse bis Ende des Jahres an. Bei der Suche nach dem Sanierungsweg habe man "die Menschen in der Region von Anfang an einbezogen", betonte er. Nur so können man bei den zu Recht misstrauischen Anwohnern neues Vertrauen schaffen.

SPD-Politiker fordert Endlager-Suche in Süddeutschland

Die Gutachter zu den verschiedenen Sanierungsoptionen habe die Asse-Begleitgruppe vorgeschlagen, in der Kommunalpolitiker und Bürgerinitiativen vertreten sind. Die Kriterien für die Sanierung seien vor der Fertigstellung der Gutachten festgelegt worden, sagte Gabriel. Dieses Vorgehen sei beispielhaft auch für die künftige Suche nach einem Endlagerstandort für hochradioaktiven Müll.

Der niedersächsische SPD-Fraktionschef, Wolfgang Jüttner, forderte eine Erkundung von Endlagerstandorte für Atommüll in Süddeutschland. "Gorleben ist tot", sagte Jüttner der Nordwest-Zeitung. Schon in den 60er Jahren habe man gewusst, dass Wasser in den Gorlebener Salzstock eindringen könne. Es sei "nicht nachzuvollziehen", dass Bundeskanzlerin Merkel Gorleben zu Ende erkunden wolle.

"Sollte sich Gorleben als ungeeignet erweisen, wovon ich ausgehe, dann hätten wir 12 bis 15 Jahre verschwendet, weil wir uns nicht um Alternativen gekümmert haben", sagte er und forderte "parallele Untersuchungen auch an anderen Standorten in Süddeutschland". Leider wehre sich die CSU bislang gegen jeden Vorstoß in diese Richtung.

Derweil sind Teilnehmer des Anti-Atom-Trecks auf dem Weg von Gorleben nach Berlin auf das Gelände des Atommüllendlager Morsleben (Sachsen-Anhalt) gelangt. Zwei Menschen kletterten nach Angaben der Atomkraftgegner auf einen Turm und hängten ein Transparent auf.

Rund 50 Menschen hätten versucht, auf das Gelände an der Landesgrenze zu Niedersachsen zu gelangen, teilte die Polizei mit. Atomkraftgegner hätten Polizisten angegriffen. Die Beamten hätten deshalb Pfefferspray eingesetzt. Die Demonstranten kritisierten ein unangemessenes Vorgehen der Polizei.

An dem Protestzug beteiligten sich rund 200 Menschen. Sie protestieren mit verschiedenen Veranstaltungen gegen atomare Endlager. Nach Angaben der Atomkraftgegner wurden zehn Menschen verletzt.

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