Atomdeal mit Iran:Was passiert, wenn Trump tatsächlich den Atompakt mit Iran aufkündigt

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  • Der designierte US-Präsident Donald Trump hat sich im Wahlkampf gegen den Nukleardeal zwischen Washington, Teheran, der EU, den übrigen vier UN-Veto-Mächten und Deutschland ausgesprochen. Er stärke Iran, die Konditionen und die Laufzeit seien zu günstig.
  • Bei einem Ausstieg aus dem Deal könnten sich die USA allerdings ins eigene Fleisch schneiden.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Irans Präsident Hassan Rohani warnte wenige Stunden nach dem Wahlsieg von Donald Trump, der Nukleardeal, den US-Präsident Barack Obama mit der Islamischen Republik geschlossen hat, könne "nicht von einer Regierung aufgekündigt werden".

Als eine der wenigen greifbaren außenpolitischen Aussagen hatte der Kandidat Trump dies mehrmals in Aussicht gestellt; bei anderen Gelegenheiten allerdings auch gesagt, er wolle den Deal neu verhandeln. Den Hauptgrund, den er anführte: Das Abkommen stärke Iran, die Konditionen und die Laufzeit seien zu günstig.

Rohani weiß nur zu gut, dass der Deal tot ist, wenn die USA ihn kündigen. In Teheran sitzen ihm die Hardliner des Sicherheitsapparats im Nacken, denen das Abkommen so verhasst ist, wie den Falken der Republikaner im US-Kongress. Seine Wiederwahl nächstes Jahr wäre gefährdeter denn je.

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Zugleich ist es mit der Aufkündigung nicht so einfach, für keine der Seiten, vor allem politisch nicht. Jeder US-Präsident müsse "die Realitäten anerkennen", sagte denn auch Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif, ein Meister eloquenter Andeutungen. Hier war es der subtile Hinweis auf die Komplexität des Nuklearpaktes als auch die Lage in der Region.

Juristisch betrachtet ist der Deal kein völkerrechtlicher Vertrag; er ist lediglich per UN-Resolution im Sicherheitsrat verankert. Würden sich die USA zurückziehen, träfen sie keine direkten negativen Folgen. Allerdings würden auch nicht automatisch alle Sanktionen gegen Iran wieder in Kraft treten - und es ist schwer vorstellbar, dass die Europäer einen solchen Schritt mitgehen würden.

Europäische Firmen wollen mit Iran Geschäfte machen

Im Gegenteil: Es steht zu erwarten, dass die EU-Außenminister nach ihrem Krisentreffen an diesem Montag in Brüssel sich zu dem Deal bekennen. Frankreich, Großbritannien und Deutschland waren ebenso wie die EU maßgeblich daran beteiligt, ihn auszuhandeln. Überdies glaubt kaum jemand, dass die Iraner zu neuen Gesprächen bereit wären, wenn Trump nun die Konditionen ändern will - und auch in Europa, China und Russland ist die Bereitschaft dazu annähernd bei null.

Es waren aber erst die EU-Sanktionen, die den wirtschaftlichen Druck entfalteten, der Iran zum Einlenken brachte - und es sind jetzt Firmen aus der EU, die wieder Geschäfte mit Iran machen wollen.

Der französische Energiekonzern Total hat gerade einen neuen Gasvertrag abgeschlossen, Airbus will Flugzeuge liefern, deutsche und italienische Firmen kehren zurück. Am Ende könnte nicht Iran isoliert dastehen, sondern Trumps Amerika.

Als denkbar gilt Diplomaten jedoch, dass die USA bilaterale Sanktionen verschärfen, von denen Obama ja nur die auf das Atomprogramm bezogenen ausgesetzt hat. Trump könnte versuchen, den Zahlungsverkehr mit Iran zu ersticken oder Firmen, die mit Iran Geschäfte machen, vom US-Markt auszuschließen.

Derlei würde womöglich einen Rückzug Teherans vom Deal zur Folge haben - der politisch den USA angelastet würde. Und wohl eine rasche Eskalation nach sich zöge.

Berater Trumps ventilieren noch eine andere Idee: Er könnte sich darauf beschränken, die Umsetzung des Abkommens strikter zu kontrollieren. Würde Iran vertragsbrüchig, ist ein Mechanismus vorgesehen, der die Sanktionen wieder in Kraft setzt, ohne dass Russland oder China das mit einem Veto blockieren könnten - allerdings nicht ohne Mitwirken der Europäer.

Iran hat zwei Mal gegen Bestimmungen verstoßen, indem es zu große Mengen schweren Wassers im Land hatte, das zur Produktion von Plutonium genutzt werden kann. Das wurde bislang aber eher als Bagatelle gewertet. Zudem verstößt Iran mit regelmäßigen Raketentests zumindest gegen den Geist des Vertrages, wie auch Kanzlerin Angela Merkel im Juli im Bundestag nach einem entsprechenden UN-Bericht kritisierte.

Die Augen reiben sich hohe westliche Diplomaten angesichts Trumps Äußerungen zu Syrien, die er am Freitag wiederholte. Er hat Zusammenarbeit mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin, den Iranern und auch Präsident Baschar al-Assad gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Aussicht gestellt - zugleich will er die Unterstützung von Rebellen stoppen.

Kampf gegen IS führen maßgeblich Rebellen

Das brächte Iran seinem größten außenpolitischen Sieg der vergangenen Jahre näher: dem Erhalt des Assad-Regimes in Syrien. Teherans geopolitische Stellung in der Region (direkt an Israels Grenze) würde massiv gestärkt - was ja genau Trumps Hauptkritikpunkt am Atomdeal ist.

Den Kampf gegen den IS in Syrien aber führen maßgeblich Rebellen und Kurden-Milizen, viele von den USA unterstützt, während sich Russland und von Iran gesteuerte schiitische Söldnerheere weitgehend darauf beschränken, gegen die Rebellen-Fraktionen und vorgeblich gegen die Nusra-Front zu kämpfen.

Fragt man Diplomaten, welche Szenarien sie für am Wahrscheinlichsten halten, bekommt zumeist die gleich knappe Auskunft: "Wenn wir das wüssten, wären wir deutlich weiter."

© SZ vom 14.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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