Atom - Lingen (Ems):Atomkraftgegner klagen gegen Export von Brennelementen

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Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. Foto: Copyright: pixabay.com/Decker & Böse Rechtsanwaltsgesel/obs/Symbolbild (Foto: dpa)

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Aachen/Frankfurt (dpa/lnw) - Ein Atomkraftgegner aus Aachen hat Klage gegen den umstrittenen Export von Brennelementen für alte Atomkraftwerke nahe der deutschen Grenze eingereicht. Unterstützt von einem Bündnis mehrerer Anti-Atom-Initiativen richtet er sich gegen eine vom zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erteilte Exportgenehmigung für Brennelemente aus Lingen im Emsland, wie aus einer Mitteilung des Bündnisses von Donnerstag hervorgeht. Die Brennelemente aus dem niedersächsischen Lingen dürfen damit weiterhin an die in die Jahre gekommenen belgischen Reaktoren im rund 120 Kilometer hinter der Grenze liegenden Doel bei Antwerpen geliefert werden - und ermöglichen so den Weiterbetrieb der Alt-Meiler.

Das wollen die Atomkraftgegner mit der Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt, wo das BAFA seinen Sitz hat, verhindern. Sie halten die mehr als 40 Jahre alten Reaktoren für zu störanfällig und sehen ein steigendes Risiko für Atomunfälle, von denen Regionen Nordrhein-Westfalens sowie Niedersachsens betroffen sein könnten. Eine Gerichtssprecherin bestätigte den Eingang der Klage.

Nach Angaben des Anti-Atom-Bündnisses muss sich damit erstmals ein bundesdeutsches Gericht mit der Sicherheit von Atomkraftwerken im grenznahen Ausland auseinandersetzen.

Die beiden baugleichen Anlagen Doel 1 und Doel 2 leisten zusammen rund 880 Megawatt und gingen 1975 ans Netz. Wie auch Tihange an der Maas gelten sie den Umweltgruppen als "Risikokraftwerke". Belgien möchte die Reaktoren weiterhin zur Stromerzeugung nutzen und hatte eine Laufzeitverlängerung beschlossen. Diese verstößt laut eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs von 2019 aber gegen EU-Recht.

Der Exportstopp für Brennelemente in die deutsche Nachbarschaft ist seit langem eine Forderung von Atomkraftkritikern, aber auch aus den Bundesländern. Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland hatten dazu einen Antrag im Bundesrat gestellt. Deutschland hat zwar den Ausstieg aus der Atomkraft bis Ende 2022 beschlossen, das umfasst aber nicht die Urananreicherungsanlage Gronau im Münsterland und die Brennelementefabrik in Lingen im Emsland. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart zu prüfen, wie rechtssicher zu verhindern sei, dass Kernbrennstoffe aus deutscher Produktion in Anlagen im Ausland eingesetzt werden, an deren Sicherheit es Zweifel gibt.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte Ende 2019 einen Exportstopp von Kernbrennstoffen in grenznahe Alt-AKW vorgeschlagen. Vom Koalitionspartner CDU/CSU kam allerdings Widerspruch. Ein Sprecher des Umweltministeriums sagte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag lediglich, die Gespräche der Ressorts zu dem Gesetzentwurf seien "noch nicht abgeschlossen".

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